
Was braucht es, um sich als Verband oder Organisation der politischen Bildung zu öffnen und mehr gesellschaftliche Vielfalt zu repräsentieren und Multiperspektivität zu gewährleisten? Seit September 2019 führt der Arbeitskreis deutscher Bildungsstätten e. V. (AdB) das Projekt "Polyphon! Diversität in der politischen Bildung stärken" durch. Das Projekt wird von der Bundeszentrale für politische Bildung/bpb bis Juni 2022 gefördert und setzt sich mit Diversifizierungsstrategien und Rassismuskritik im Verband und in der politischen Erwachsenenbildung auseinander.
Hintergrund zum Projektnamen und den Zielen
Der Projektname Polyphon! bedeutet nicht nur Vielstimmigkeit, sondern in Anlehnung an den Literaturwissenschaftler Michail Bachtin auch, dass die (Roman-)Geschichte nicht von einem dominanten Erzähler geprägt ist, sondern gerade durch einen Dialog verschiedener Stimmen und Perspektiven entsteht. Polyphon! steht damit auch symbolhaft für die Projektausrichtung und das Ziel des AdB: Der Verband möchte in Bezug auf migrantische und nicht-weiße Organisationen und Akteure vielfältiger werden und zur Stärkung einer heterogeneren Bildungslandschaft beitragen. Wie in vielen gesellschaftlichen Bereichen gibt es nicht nur im Verband, sondern in der politischen Bildung insgesamt ein Repräsentationsdefizit, was z. B. politische Bildner*innen of Color oder die Förderung von migrantischen und nicht-weißen Bildungsorganisationen betrifft. Die Auseinandersetzung mit Diversifizierungsstrategien – und das gerade nicht nur in Bezug auf Zielgruppen – ist letztendlich auch eine Antwort auf Teilhabegerechtigkeit und eine Demokratisierung der Strukturen politischer Bildung.
Die Erfahrungen und gewonnene Expertise des Projektes bringen den diversitätsorientierten Öffnungsprozess des Verbandes weiter voran und tragen zu mehr Offenheit für neue Träger, Angebote und Zielgruppen bei. Das Projekt bildet damit einen wichtigen Baustein, um den Diversitäts- und Verbandsentwicklungsdiskurs im AdB zu fördern.
Kernfragen des Projektes
- Wie sind AdB-Mitgliedseinrichtungen in Bezug auf Diversität und Rassismuskritik in der politische (Erwachsenen-)Bildung aufgestellt?
- Was können wir hier von anderen Bildungsstätten und Bildungsorten, insbesondere von (post-)migrantischen Organisationen, lernen?
- Wie können wir uns besser vernetzen und neue Kooperationen und Bündnisse untereinander schließen?
- Welche Angebote, Formate und Veränderungsprozesse in unseren Einrichtungen werden benötigt, um politische Bildungsarbeit möglichst inklusiv, rassismuskritisch und multiperspektivisch zu gestalten?
Vorgehen
Ausgehend von einer Bedarfsanalyse und mit Unterstützung eines begleitenden Fachbeirats mit Expert*innen aus Wissenschaft, Bildungseinrichtungen und Migrant*innenorganisationen sollen neben Vernetzungstreffen mit (post-)migrantischen Organisationen, Angebote und Maßnahmen zu einer diversitätsorientierten Öffnung für alle Ebenen des Verbandes angeboten werden.
Zielgruppe
Das Projekt richtet sich an:
- Alle AdB-Mitgliedsorganisationen, da das Thema Diversität als ein Querschnittsthema im Verband verstanden wird
- (Post-)migrantische Organisationen/Minderheitsorganisationen, die im Bereich der politischen Bildung aktiv sind
- Neue Organisationen der politischen Bildung
Mitglieder des Fachbeirats
- Ina Bielenberg, AdB-Geschäftsführerin
- Prof. Dr. María do Mar Castro Varela, Alice Salomon Hochschule Berlin, Professorin für Soziale Arbeit und Allgemeine Pädagogik
- Prof. Dr. Karim Fereidooni, Ruhr-Universität Bochum, Juniorprofessor für Didaktik der sozialwissenschaftlichen Bildung
- Dr. Janosch Förster, Herbert-Wehner-Bildungswerk e.V., stellv. Geschäftsführer, AdB-Kommission Erwachsenenbildung
- Lena Graser, Türkische Gemeinde in Deutschland e.V., Referentin für politische Bildung
- Peggy Piesche, Bundeszentrale für politische Bildung/bpb, Leitung Fachbereich "Politische Bildung und plurale Demokratie" - Standort Gera
- Mazyar Rahmani, neue deutsche organisationen e.V., wissenschaftlicher Referent
- Roland Wylezol, Alte Feuerwache e. V. – Jugendbildungsstätte Kaubstraße, Leitung, AdB-Vorstandsmitglied
Aktuelles aus diesem Bereich
Politische Bildung nach Corona – Herausforderungen und Chancen
AdB-Jahresbericht 2022 wurde online veröffentlicht
Der Arbeitskreis deutscher Bildungsstätten blickt mit seinem Online-Jahresbericht auf das Jahr 2022 zurück, in dem nach der Zeit der strengen Lockdowns die Bildungsarbeit in den Einrichtungen wieder Fahrt aufnehmen und gleichzeitig die zunächst teilweise hektisch entwickelten digitalen Formate gestärkt und weiterentwickelt werden konnten. Die Berichte machen deutlich, wie sich der AdB und seine Mitgliedseinrichtungen weiterentwickelt haben.
Polyphonic Encounters - Politische Bildung in einer pluralen Gesellschaft weiterentwickeln
Fachtagung des AdB-Projektes "Polyphon! Diversität in der politischen Bildung stärken"
Was muss sich strukturell ändern, damit (historisch-) politische Bildung einer vielfältigen Gesellschaft gerecht wird? Was sind die bisher wenig thematisierten rassismus- und antisemitismuskritischen Leerstellen in Trägerstrukturen und Organisationen der (historisch-) politischen Jugend- und Erwachsenenbildung? Wie kommen wir von einer häufig reinen Proklamation von mehr Diversität ins tatsächliche diversitätsorientierte Handeln? Diese Fragen standen im Fokus der Fachtagung „Polyphonic Encounters – politische Bildung in einer pluralen Gesellschaft weiterentwickeln“, die am 2. Juni 2022 in Berlin stattfand. Die Tagung war eine Kooperationsveranstaltung des Arbeitskreises deutscher Bildungsstätten e. V. mit der Heinrich-Böll-Stiftung und fand im Rahmen des AdB-Projektes „Polyphon! Diversität in der politischen Bildung stärken“ statt.
Die Aktualität und Weiterentwicklung politischer Erwachsenenbildung im Fokus
Die AdB-Fachkommission Erwachsenenbildung stellt sich aktuellen Herausforderungen
Am 23. und 24. März 2022 trafen sich die Mitglieder der AdB-Fachkommission Erwachsenenbildung zu einer Sitzung im Online-Format. Zwei inhaltliche Schwerpunkte standen auf dem Programm: die Ergebnisse und Erkenntnisse des Projekts „Polyphon! Diversität in der politischen Bildung stärken“ sowie – als erster Anstoß – das Thema „Politische Bildung und Bildung für nachhaltige Entwicklung“. In allen Gesprächen der Kommissionsmitglieder waren darüber hinaus die Folgen des Krieges in der Ukraine sehr präsent und die Frage, wie politische Bildung und die Einrichtungen darauf reagieren können.
