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Zwischen Realität und Utopie

Jugendbildungsstätte LidiceHaus Bremen, Foto: ServiceBureau Jugendinformation
Foto: ServiceBureau Jugendinformation
20.10. 2017

Die Kommission Jugendbildung nimmt aktuelle Geschehnisse aktiv auf

Die Kommission Jugendbildung traf sich zu ihrer Herbstsitzung vom 10. bis 11. Oktober 2017 im LidiceHaus in Bremen. Im Mittelpunkt der Tagung standen zwei Themen, die die Arbeit der Jugendbilderinnen und -bildner aktuell sehr beschäftigen: Rechtsextremismus und Familie sowie die Re-Politisierung der politischen Bildung.

 

Die Kommission nimmt wahr, dass sich die gesellschaftlichen Diskurse stark verändert haben: Was früher unsagbar war, wird heute auch von Politiker/-innen der etablierten Parteien propagiert. Was früher noch Extreme waren sind heute Normalitäten.

 

Lisa Hempel, Leiterin der bundesweiten Fachstelle „Rechtsextremismus und Familie“, angesiedelt im LidiceHaus, berichtete in einem beeindruckenden Vortrag, wie sich diese Verschiebungen auswirken und wie sie mit ihrer Arbeit diesen entgegenwirken möchte. Sie ging im Besonderen auf die Rolle von Frauen im Rechtsextremismus ein. In rechtsextremen Kreisen wird ein Frauen- und Familienbild propagiert, das sich stark an Familienratgebern der NS-Zeit orientiert. Frauen, die ihren „Leib rein halten“ müssen, die zur Unterstützung des starken Geschlechts und zum Gebären von Kindern da sind, zeichnen dieses Bild aus und führen die Debatten über einen emanzipierten Feminismus ad absurdum. Damit eng zusammenhängend führen rechtsextreme Ideologen eine Debatte, die die Genderwissenschaften infrage stellt und als Gefahr für die Stärke der Geschlechter „Mann/Frau“ stilisiert.

 

Das Problem, so Lisa Hempel, liege auch darin, dass Frauen meist nicht als Täterinnen wahrgenommen bzw. ernst genommen werden. Dadurch werden Haltungen, die rechtsextreme Frauen propagieren, schnell gesellschaftsfähig.

 

Die Arbeit der Fachstelle im LidiceHaus setzt an diesen Punkten aktiv an und sensibilisiert mit Vorträgen und Seminaren, die sich besonders an Multiplikatorinnen und Multiplikatoren richten, für diese Themen und versucht, diesen Entwicklungen entgegenzuwirken.

 

Dieser Vortrag war gut in die Debatte eingebettet, die in der Kommission bereits seit einer Weile geführt wird und bei dieser Herbstsitzung in der Entwicklung eines Positionspapiers mündete. Ziel des Papiers ist es, eine Debatte im Arbeitskreis deutscher Bildungsstätten darüber anzustoßen bzw. weiterzuführen, wo Grenzen der politischen Bildung sind, wie eine Positionierung gegenüber rechten Parteien und Organisationen aussehen kann, aber auch, wie sich politische Bildung gegenüber anderen Professionen besser profilieren kann. Für die klare Positionierung gegen Rechts, so der allgemeine Tenor, wird sich die Kommission an den Grundrechten und am Referenzrahmen der Menschenrechtsbildung orientieren.

 

Eine Profilierung gegenüber anderen Professionen sieht die Kommission als notwendig an, da dies die politischen Bildner/-innen zwingt, ihr eigenes Profil unter die Lupe zu nehmen und zu schärfen und damit gleichzeitig auch eine bessere interdisziplinäre Zusammenarbeit mit den angrenzen Feldern der Arbeit zu schaffen.

 

Die sehr vielversprechenden und fruchtbaren zwei Tage gingen viel zu schnell vorbei, um die angestoßenen Diskussionen zu Ende zu führen. Ziel ist es jedoch, bis zu den Frühjahrssitzungen aller AdB-Fachkommissionen eine Diskussionsgrundlage für den Verband zu erstellen.