
Praxisblick, Europahaus Aurich: Workshop „Antisemitismus Heute“: Antisemitische Kontinuitäten verstehen
Wie hängen Verschwörungsmythen mit Antisemitismus zusammen, wo liegen deren antisemitische Kontinuitäten? Warum sind sie gerade in Krisenzeiten so verlockend? In der Veranstaltung am 17. Dezember 2024, bestehend aus Gedenkstättenfahrt und Workshop, lernten die Teilnehmenden historische Hintergründe und Bezüge zu aktuellen antisemitischen Verschwörungserzählungen und ihre Handlungsmöglichkeiten im Umgang damit kennen.
In der ersten Hälfte der Veranstaltung, dem Besuch der Gedenkstätte, setzen sich die Schüler*innen der Berufsbildenden Schule II Aurich zunächst mit den Verbrechen des Nationalsozialismus in ihrer Heimatregion auseinander. Das Referent*innen-Team der Gedenkstätte KZ Engerhafe vermittelte eindrücklich die Geschichte des einzigen Konzentrationslagers in Ostfriesland und rückte den historischen Antisemitismus in den Fokus. Dieser Besuch legte den Grundstein, um das Thema im daran anknüpfenden Workshop im Europahaus in die Gegenwart zu überführen.
Im anschließenden Workshop im Europahaus standen aktuelle antisemitische Verschwörungserzählungen im Mittelpunkt. Da Antisemitismus heute oft subtiler auftritt, beleuchtete der Workshop, wie sich antisemitische Narrative in Verschwörungsideologischen Erzählungen verstecken und welche gesellschaftlichen Funktionen sie erfüllen. Ziel des Workshops war die Sensibilisierung für die Struktur, Funktion und Geschichte bekannter antisemitischer Verschwörungserzählungen
Wissen spielerisch und diskursiv vermitteln
Zu Beginn testeten die Teilnehmenden ihr Wissen mit der Methode „Conspiracy Virus“, einem interaktiven Quiz, das sie mit typischen verschwörungsideologischen Inhalten konfrontierte.
Weiterer Ausgangspunkt für die Auseinandersetzung mit Verschwörungsideologien bildet die anschließende Gesprächsrunde mit den Teilnehmenden über die Herausforderungen von allgegenwärtigen Informationsfluten in modernen Medien und die daraus entstehenden Unsicherheiten und Verunsicherungen, die sie empfinden. zeichnete sich bereits deutlich ab, wie die Funktion von Verschwörungsideologien durch simple Erklärung mit klarem Gut-Böse-Schema und Feindbildern vermeintliche Orientierung bieten.
Ein Höhepunkt des Workshops war eine simulierte Debatte: Eine Gruppe übernahm die Rolle von Befürworter*innen der Verschwörungserzählung „Birds aren’t real“, während die restlichen Teilnehmenden versuchten, diese zu entkräften. Trotz der Konstruiertheit der Debatte zeigte die Übung, wie emotional und mit welchen Argumentationsstrategien Verschwörungsideologen verteidigt werden – genau wie in der realen Welt.
In einer weiteren Methode erarbeiteten die Teilnehmenden außerdem die Hintergründe zu lange etablierten Verschwörungserzählungen, die z.B. scheinbar kapitalismuskritisch wirken, aber z.T. auf jahrhundertealten antisemitischen Bildern basieren. Hier schloss sich der Kreis und es entstand ein roter Faden von den nationalsozialistischen Verbrechen bis zu aktuellen Verschwörungsmythen.
Praktische Tools und Perspektiven für die Zukunft
Zum Abschluss erhielten die Teilnehmenden einen Flyer mit Informationen zu bekannten Verschwörungsmythen, ihrer Widerlegung und Beratungsangeboten.
Die Veranstaltung bot den Jugendlichen wichtige Erkenntnisse über die Kontinuitäten zwischen historischem und dem heutigen Antisemitismus. Besonders die interaktiven Methoden, wie das Rollenspiel und das Quiz erhielten positives Feedback. Angesichts der zunehmenden Verbreitung an Falschinformationen auf sozialen Medien ist das gewonnene Wissen besonders relevant.
- Die Veranstaltung fand im Rahmen der Mitarbeit im Programm „Politische Jugendbildung im AdB“ in der Fachgruppe mit dem Schwerpunkt „Rassismus und Antisemitismus“ gefördert durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.