“Demokratie
braucht
politische Bildung”

Menschen für die Demokratie gewinnen. Erklärung des Arbeitskreises deutscher Bildungsstätten zum Rechtsextremismus (Bielefeld)

7.12. 2011

Die Mitglieder des Arbeitskreises deutscher Bildungsstätten (AdB) sind entsetzt über die bekannt gewordenen Morde und fassungslos darüber, dass sich rechtsextremistischer Terror über Jahre ungehindert in unserer Gesellschaft ausbreiten konnte. Es wurde deutlich, dass die Mörder nicht alleine handelten, sondern auf ein Netz von aktiven Unterstützern und schweigenden Duldern zurückgreifen konnten. Dabei konnte diese Entwicklung nicht wirklich überraschen. Fachleute und zivilgesellschaftliche Akteure haben seit langem auf die von verschiedenen Strategien rechtsextremer und nationalistischer Bewegungen ausgehenden Gefahren und auf die zahlreichen Straftaten hingewiesen. In der aktuellen Situation hat viele Bürgerinnen und Bürger aber darüber hinaus erschreckt, dass staatliche Organe wie der Verfassungsschutz, die eigentlich die demokratische Verfassung schützen sollten, augenscheinlich eine zweifelhafte Rolle spielten. Eine solche Entwicklung ist nicht hinnehmbar. Deshalb brauchen wir die lückenlose Aufklärung und Bestrafung aller Täterinnen und Täter.

 

Unabhängig von den aktuellen rechtsterroristischen Verbrechen ist aber auch darauf hinzuweisen, dass sich rechtsextreme Einstellungen nicht nur am Rande der Gesellschaft zeigen, sondern breite Schichten durchdringen. Faschistische, rechtsextremistische und menschenfeindliche Einstellungen stellen die Fundamente unseres demokratischen Systems in Frage und dürfen keine stillschweigende Akzeptanz in unserer Gesellschaft finden! Dringend notwendig sind wirkungsvolle Investitionen in Bildungsangebote und zivilgesellschaftliche Strukturen, um Menschen für die Demokratie zu gewinnen und ihnen die aktive Auseinandersetzung mit den historischen Bezügen, Errungenschaften und Entwicklungspotenzialen unseres demokratischen Systems zu ermöglichen.

 

Dies genau ist die Kernaufgabe politischer Bildung, wie sie in den Bildungsstätten und Bildungswerken des AdB stattfindet. Orientiert an dem, was Menschen bewegt und unter den Nägeln brennt, bieten die Angebote politischer Bildung die Möglichkeit, Wissen zu erwerben, Einstellungen zu hinterfragen und Orientierung zu gewinnen. Politische Bildung regt Menschen an und qualifiziert sie, sich aktiv und friedlich für ihre Belange einzusetzen und Politik und Gesellschaft verantwortlich mitzugestalten. Damit leistet politische Bildung einen unverzichtbaren Beitrag zur demokratischen Kultur.

 

Der Arbeitskreis deutscher Bildungsstätten fordert die Verantwortlichen in Politik und Verwaltung auf, die Träger und Einrichtungen politischer Bildung bei ihrer wichtigen Arbeit zu unterstützen. Die Beauftragung von Verfassungsschutzämtern mit politischer Bildung insbesondere von Jugendlichen, wie in mehreren Bundesländern geschehen, halten wir generell, vor allem aber vor dem Hintergrund der aktuellen Ereignisse, für nicht hinnehmbar. Gebraucht werden weder kurzfristige Sonderprogramme noch symbolischer Aktionismus. Notwendig sind die nachhaltige Förderung und Stärkung von zivilgesellschaftlichen Akteuren und Strukturen, die Rechtsextremismus und menschenfeindliche Ideologien bekämpfen und Menschen für die Demokratie begeistern.

 

Beschluss der Mitgliederversammlung, Bielefeld, 7. Dezember 2011