“Demokratie
braucht
politische Bildung”

Eine Profession zwischen Verzweckung und Selbstbestimmtheit

Sonderkomission Jugendbildung tagte im LidiceHaus in Bremen
Foto: ServiceBureau Jugendinformation EURODESK Bremen
24.07. 2017

Sonderkommission Jugendbildung tagte in Bremen

Ohne Zweifel, politische Bildung hat derzeit Konjunktur: Die Politik spricht von Demokratieverdrossenheit, Radikalisierungs- oder Salafismusprävention und ruft, wie bei vielen anderen Themen auch, nach politischer Bildung! Ist diese Inanspruchnahme politischer Bildung für die Profession wirklich gut? Kann und will politische Bildung die an sie gestellten ökonomischen, gesellschaftlichen und politischen Ziele überhaupt erfüllen? Wie deutlich muss sich politische Bildung positionieren, um die Deutungshoheit ihrer Aufgaben zu behalten? Diese Fragen stehen seit einiger Zeit im Mittelpunkt eines Diskussionsprozesses in der AdB-Fachkommission Jugendbildung. Eine Gruppe von Mitgliedern aus der Kommission traf sich vom 3. bis 4. Juli 2017 in der Jugendbildungsstätte Bremen – LidiceHaus, um sich der Debatte zu nähern.

 

Auch im aktuellen 15. Kinder- und Jugendbericht nimmt die politische Bildung einen prominenten Platz ein, was einerseits erfreulich ist, andererseits enttäuscht, weil an keiner Stelle reflektiert wird, was eigentlich gemeint ist. Dies zeigt, dass es dringend einer fachpolitischen Diskussion bedarf, in der Begriffe (wie z. B. Partizipation), theoretische Fundierungen und Strukturen (Wer ist „die“ politische Bildung?) geklärt werden sollten, auch, um einer Verzweckung entgegenzuwirken.

 

Indem die Kommission diese Themen aufgreift, stößt sie erneut eine Debatte um das Selbstverständnis der politischen Jugendbildung im AdB an. Als Grundlage dieser Diskussion dient das AdB-Papier „Jugend- und Erwachsenenbildung unter den Bedingungen des globalisierten Marktes – 21 Anmerkungen der Kommission Jugendbildung, kulturelle Bildung und Medienpädagogik“ aus dem Jahr 2004.

 

Im Mittelpunkt des Gesprächs in Bremen stand die Auseinandersetzung mit den Begriffen „Bildung“ und „Politik“. Ebenso ging es um die Fragen, was politische Bildner und Bildnerinnen als ihre Aufgabe ansehen und was sie leisten können und wollen. Nicht zuletzt stand natürlich auch die Frage zur Diskussion, welche Rahmenbedingungen die politische Bildungsarbeit braucht.

 

Dass es einer Positionierung der politischen Bildung bedarf, wird vor dem Hintergrund der Entwicklungen im Bereich der Förderung auf Bundesebene deutlich: Neben dem Kinder- und Jugendplan des Bundes (KJP) als zentralem Förderinstrument politischer Jugendbildung ist mit dem Programm „Demokratie leben!“ eines der größten Bundesprogramme aller Zeiten entstanden. Während im KJP Träger der politischen Bildung frei entscheiden können, welche Themen sie als Schwerpunkte ihrer Arbeit angehen wollen, schreibt das Bundesprogramm „Demokratie leben!“ das Auftragsbuch selbst voll. Das Programm definiert Themen, die aus seiner Sicht wichtig sind, wohingegen die Träger in ihrer Arbeit grundsätzlich von den Bedürfnissen der jungen Menschen ausgehen, mit denen sie zusammenarbeiten. Das Dilemma, dass die Deutungshoheit über die Aufgaben politischer Bildung aus der Hand der Träger genommen wird, ist hier deutlich sichtbar.

 

Die Kommission Jugendbildung wird sich auf ihrer nächsten Tagung im Oktober 2017 mit den Ergebnissen aus den Beratungen befassen und diese intensivieren. Damit wollen die Beteiligten ein Beitrag zur Profilschärfung der Profession „politische Jugendbildung“ leisten.