“Demokratie
braucht
politische Bildung”

Challenged! Antidiskriminierungsarbeit, Vielfalt und Empowerment von Mädchen und Frauen in der internationalen Bildungsarbeit

AdB-Kommission Europäische und Internationale Bildungsarbeit tagt in der Jugendbildungsstätte Freizeitwerk Welper
Foto: Gertrud Gandenberger
12.09. 2017

Kommission Europäische und Internationale Bildungsarbeit tagt in der Jugendbildungsstätte Freizeitwerk Welper

Begegnungsarbeit in politisch unsicheren Zeiten! In einer Zeit, in der es in Europa immer schwerer fällt, einen politischen Konsensus über Grundlagen von Menschenrechtsbildung und Demokratiebildung aufrechtzuerhalten, stehen Fragen von Gender-Gerechtigkeit wie auch Diskriminierungen aller Art auf dem Prüfstand und verlangen eine verstärkte Fokussierung auch in der internationalen Begegnungsarbeit. Daher setzte die Kommission Europäische und Internationale Bildungsarbeit bei ihrer Sitzung vom 6. bis 8. September 2017 in der Jugendbildungsstätte Freizeitwerk Welper e. V. hier ihren Schwerpunkt.

 

Mit dem Anspruch, durch politische Bildung Geschlechtergerechtigkeit zu ermöglichen, steht in Gesellschaften, welche Vielfalt bejahen, die Arbeit politischer Bildung nicht nur im internationalen sondern auch im nationalen Kontext vor unvermuteten Herausforderungen.

 

Zusammen mit der Journalistin Maxi Braun arbeiteten die Kommissionsmitglieder zunächst an Fragestellungen zu Mehrfachdiskriminierungen und Intersektionalität und beschäftigten sich dann vertieft mit Sexismus und Rassismus. Im Kontext internationaler Bildungsarbeit mit Jugendlichen ist es hilfreich, wenn auf vergleichbare individuelle Situationen und Erfahrungen zurückgegriffen werden kann. Angesichts unterschiedlicher nationaler Rechtsgrundlagen und auf oftmals an individueller Diskriminierung orientierter Rechtsprechung, ist es aber oft nicht ganz einfach, bspw. Diskriminierung und sexistische Hate Speech in einem länderübergreifenden Kontext zu bearbeiten.

 

Marie Wilpers von der Jugendbildungsstätte Kurt Löwenstein stellte im Anschluss das Konzept des Auftaktworkshops zur Herstellung eines „Safer Space“ bei Internationalen Seminaren im Haus vor. Hierbei geht es um eine Reflexion der eigenen gesellschaftlichen Positionierung, um eigene Vorurteile, um eine Sensibilisierung für verschiedene kulturelle Backgrounds, um das „I am not my country“ und das No-means-No-Konzept sowie die Erklärung eines üblichen „Women and Trans* Evenings“. In der anschließenden Diskussion wurden Fragen zu Zielgruppen aufgegriffen, aber auch zum Begegnungscharakter des Seminars – verbunden mit der Idee, das Konzept auf andere Maßnahmen im AdB zu übertragen.

 

Das Programm „Be Awake“ der Jugendbildungsstätte Freizeitwerk Welper e. V. ist ein Seminarangebot für Ehrenämtler*innen, das auf den Awareness-Konzepten kritisch und konstruktiv aufbaut, sich mit Antidiskriminierungsarbeit auseinandersetzt, Mechanismen von Gewalt und Unterdrückung hinterfragt, Diversität und Partizipation thematisiert und in die Methodik von Deeskalation und Mediation einführt. Gemeinsam mit Mohammed Ali Saidi nutzten die Mitglieder die Gelegenheit zu einem methodischen Tauchgang ins kalte Wasser und erörterten Konzepte zur Sensibilisierung und Fragen zum Empowermentcharakter bestimmter Methoden. Deutlich wurde, dass das Anliegen von Antidiskriminierungsarbeit, Vielfalt und Empowerment von Mädchen und Frauen in der Internationalen Bildungsarbeit wie auch im nationalen Kontext brandaktuell ist und sich – gerade angesichts des Vormarsches antidemokratischer und antipluralistischer Kräfte in den europäischen Gesellschaften – zu einer Kernaufgabe internationaler politischer Bildungsarbeit entwickelt, in der es gilt, sich über die eigene Rolle und Verantwortung als politisch bildender Mensch zu vergewissern und „aware“ zu sein.

 

Mit Robert Schmidt von der Akademie Biggesee reflektierten die Mitglieder im Nachgang über den hilfreichen und gut strukturierten Fachtag und beschäftigten sich mithilfe des TZI-Konzepts (Themenzentrierte Interaktion) mit der pädagogischen Grundkompetenz „Awareness“, der Haltung und Verantwortung der Seminarleitenden. Hierbei ging es v. a. darum wie man/frau als verantwortliche Trainer/-in das Seminar und den gesellschaftspolitischen Kontext des Bildungssettings als GLOBE zu verstehen und nutzen lernt, gerade um auf Störungen reagieren zu können und adäquate Interventionen zu leisten, dies insbesondere wenn die positive Grundannahme von Vielfalt und Geschlechtergerechtigkeit als Wesensmerkmal einer demokratischen Gesellschaft im Teilnehmendenkreis nicht geteilt wird.