Widerstandsfähigkeit demokratischer Gesellschaften stärken. Die Rolle politischer Bildung in Zeiten globaler Krisen
Politische, ökonomische, ökologische und gesellschaftliche Krisen setzen aktuell weltweit Demokratien unter Druck. Klimakatastrophe und Naturzerstörung, die Bewältigung der Pandemie, Aufrüstung und Krieg mitten in Europa, globale Flucht- und Migrationsbewegungen, aber auch die Ambivalenzen der Digitalisierung stellen riesige Herausforderungen dar, die es zu bewältigen gilt.
Politische, ökonomische, ökologische und gesellschaftliche Krisen setzen aktuell weltweit Demokratien unter Druck. Klimakatastrophe und Naturzerstörung, die Bewältigung der Pandemie, Aufrüstung und Krieg mitten in Europa, globale Flucht- und Migrationsbewegungen, aber auch die Ambivalenzen der Digitalisierung stellen riesige Herausforderungen dar, die es zu bewältigen gilt. Bereits jetzt ist klar, dass die Krisen tiefgreifende Veränderungen bewirken und dass es kein Zurück zum Status Quo vergangener Jahrzehnte geben wird. Im Gegenteil, es steht zu befürchten, dass die Gleichzeitigkeit dieser Krisen und ihrer Herausforderungen zum neuen Normal wird bzw. bereits geworden ist.
Folgen der Krisen
Global sind diese Krisen schon lange spürbar und die Folgen in Deutschland deutlich zu beobachten. Menschen sind verunsichert und sorgen sich um ihre Zukunft und die ihrer Kinder. Die soziale Schere geht weiter auseinander, rechtspopulistische und rechtsextreme Strömungen erfahren deutlichen Zulauf, überwunden geglaubte nationale Egoismen erwachen erneut, die Glaubwürdigkeit und Funktionsfähigkeit der Demokratie und ihrer Institutionen wird in Frage gestellt. Weltweit ist zu beobachten, dass die Zahl demokratisch verfasster Staaten rückläufig ist.
Multiple Krisen führen auch bei politisch Verantwortlichen zu Verunsicherung und Entscheidungsdruck. Dies führt zu einem Dilemma zwischen schnell zu treffenden Entscheidungen und dem notwendigen demokratischen Diskurs sowie zwischen kurz- und langfristigen Interessen.
Bedeutung für die politische Bildung
Politische Bildung muss sich mit den Fragen beschäftigen, wie sich die aktuellen Krisen auf das Zusammenleben auswirken, was sie für die Demokratie und das demokratische Miteinander bedeuten und was es braucht, um handlungsfähig zu bleiben.
Politische Bildung ist in diesen Zeiten ebenso gefordert wie essentiell. Unsicherheiten, Emotionen und unterschiedliche Positionen und Realitäten brauchen professionell begleitete Räume, in denen Wissenserweiterung, Austausch und Empowerment stattfinden können. Politische Bildung hat das Anliegen und kann dabei unterstützen, nicht im Krisenszenario zu verharren, sondern dynamische Prozesse im Sinne handlungsorientierter Lösungsansätze zu ermöglichen.
Was politische Bildung konkret leisten kann
Politische Bildung, verstanden als Demokratiebildung, die Menschen zur politischen Partizipation und zur Gestaltung von Demokratisierungsprozessen befähigt, ist in Krisenzeiten handlungsfähig:
- Öffentliche Räume – digital oder analog – geraten zunehmend unter Druck. Politische Bildung kann zur Verteidigung, zum Erhalt und zur Wiedergewinnung von Räumen für den demokratischen Diskurs beitragen.
- In einer vielfältigen Gesellschaft werden Krisen von Menschen unterschiedlich wahrgenommen und erlebt. Diese Diversität muss sich in den Angeboten und Strukturen der politischen Bildung niederschlagen, indem verschiedene Perspektiven gleichberechtigt Platz und Gehör finden.
- Verunsicherung, Sorge und Mutlosigkeit dürfen und können in Angeboten politischer Bildung nicht außen vor bleiben. Emotionen müssen ernst genommen und aufgegriffen, (Alltags-)Konflikte und Problemlagen der Menschen in ihren politischen Dimensionen thematisiert werden.
- Krisen dürfen nicht zu Lähmung und Resignation führen. Politische Bildung kann unterstützen, „anders“ zu denken und Utopien für ein gesellschaftliches Miteinander zu entwickeln.
- Gerade in Krisenzeiten sind fundierte gesellschaftliche Auseinandersetzungen notwendig. Politische Bildung kann diese Debatten anstoßen und ihnen Raum geben.
- Mit politischer Bildung können Kompetenzen wie Konfliktfähigkeit, Bereitschaft zum Perspektivwechsel und Empathie gestärkt werden – Kompetenzen, die notwendig sind, um die demokratische Resilienz zu stärken.
- Die Akteur*innen politischer Bildung können mit ihrem eigenen Handeln einen Beitrag leisten zur Stärkung der Widerstandsfähigkeit der Demokratie. Sie können ehrenamtliches und zivilgesellschaftliches Engagement stärken, Vielfalt in der eigenen Organisation leben und sich deutlich gegen menschenverachtende Ansichten positionieren.
- Politische Bildung kann die Gefahren und menschenverachtenden Konsequenzen von rechtsextremen und verschwörungstheoretischen Denk- und Deutungsmustern aufdecken und simplifizierende Krisenerklärungen dekonstruieren.
Politische Bildung kann dazu beitragen, die Widerstandsfähigkeit demokratischer Gesellschaften zu stärken. Was sie nicht leisten kann ist es, Ersatz für politisches Handeln zu sein. Die sozialen Folgen der Krisen müssen auf politischer Ebene angegangen und gelöst werden.
Politische Bildung kann aber Menschen dabei unterstützen Orientierung zu erlangen, Selbstbewusstsein aufzubauen und politische Urteils- und Handlungsfähigkeit zu stärken. Sie kann Wissen über Ursachen und Zusammenhänge vermitteln, in demokratische Verhaltensweisen einüben, Diskursfähigkeit stärken. Politische Bildung kann damit einen Beitrag zur Stärkung von Demokratie als Herrschafts-, Gesellschafts- und Lebensform leisten.
Beschlossen von der Mitgliederversammlung des AdB am 23.11.2022
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