“Demokratie
braucht
politische Bildung”

Räume und Beteiligung für alle

Räume und Beteiligung für alle
Foto: ec.europa.eu/youth/policy/youth-strategy/youthgoals_de
5.10. 2020

Haus der Jugendarbeit und Jugendhilfe e. V. führt Jugendpolitische Fachveranstaltung durch

Am 14. September 2020 fand die diesjährige Jugendpolitische Fachveranstaltung des Haus der Jugendarbeit und Jugendhilfe e. V. (HdJ) statt. Aufgrund der aktuellen Lage wurde die Veranstaltung digital angeboten. Die über 100 Anmeldungen zeigten das große Interesse der Kolleg*innen aus der Jugendverbandsarbeit, der Kinder- und Jugendhilfe und der politischen Bildung.

 

Die Veranstaltung stand unter dem Motto „Räume und Beteiligung für alle“. Damit wurde das neunte der elf Youth Goals (Europäische Jugendziele), die den inhaltlichen Rahmen des EU-Jugenddialogs bilden, aufgegriffen: Wie kann die demokratische Beteiligung und Autonomie von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen in den verschiedenen Bereichen gestärkt und wie können sie in unterschiedliche Beteiligungsverfahren eingebunden werden? Wie lassen sich eigene Bereiche junger Menschen in allen Sphären der Gesellschaft etablieren? Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene sind in die sie betreffenden Entscheidungsprozesse oftmals nicht ausreichend eingebunden. Die Bereitstellung von Räumen und die Stärkung der Beteiligung junger Menschen ist daher eine Querschnittsaufgabe aller Felder der Jugendarbeit und Jugendhilfe. Bei dieser Veranstaltung wurde demzufolge gefragt, was getan werden kann und muss, damit das Engagement der jungen Menschen für die Demokratie und für Europa zum Tragen kommt.

 

Begrüßt wurden die Teilnehmer*innen vom Vorsitzenden des HdJ, Mike Corsa, und von der HdJ-Geschäftsführerin, Ina Bielenberg, die auch durch die Veranstaltung führte.

 

Der Einstieg in das Thema gelang durch ein Gespräch über die Bedeutung der Jugendziele und das, was die Jugendlichen in Europa bewegt, zwischen Marius Schlageter, stellvertretender Vorsitzender des DBJR, und Clara Drammeh, ehemalige Jugendvertreterin (bis Ende Juni 2020) und aktiv in der Bundesleitung für das Referat Jugendpolitik beim Verband Christlicher Pfadfinderinnen und Pfadfinder (VCP):

 

Die Jugendziele konnten so formuliert werden, weil über 50.000 junge Menschen nach ihren Themen befragt wurden. Damit sei es gelungen, die jungen Menschen selbst zu Wort kommen zu lassen. Diese Themen würden nun in den unterschiedlichsten Kontexten aufgegriffen und somit – verbunden mit ihren konkreten Forderungen – im Gespräch bleiben. Die zentrale Frage dabei sei aber, wie Veränderungen wirklich gelingen können.

 

Die Deutsche Ratspräsidentschaft sei eine gute Möglichkeit, Dinge zu benennen und auf den Weg zu bringen, dennoch seien sechs Monate ein zu kurzer Zeitraum. Daher begrüßten die beiden Gesprächspartner den Zusammenschluss der Länder Deutschland, Portugal und Slowenien in einer übergreifenden Präsidentschaft, um mehr erreichen zu können. Es müssen konkrete Forderungen und Ideen mit allen europäischen Beteiligten gesammelt und zusammen mit den Entscheidungsträger*innen umgesetzt werden.

 

Seit Ausbruch der Corona-Pandemie habe sich gezeigt, so Marius Schlageter, dass die Bedürfnisse der Kinder und Jugendlichen nicht gesehen würden. Ihr Lebensalltag und ihre Sorgen würden kaum wahrgenommen und die vorhandenen Beteiligungsformate seien in der Krisensituation nicht ausreichend.

 

Beteiligung hat viele Gesichter: Jugend im ländlichen Raum und deren Möglichkeiten, sich bei Entscheidungsprozessen einbringen zu können; jugendgerechte Formate in der politischen Bildung; digitale Beteiligungsformate, die gerade in Zeiten der Corona-Pandemie noch einmal mehr Bedeutung bekommen, Angebote in Zusammenarbeit mit Schulen etc. Bei alldem muss im Blick sein, möglichst alle möglichst früh zu erreichen und einzubeziehen. Diese unterschiedlichen Bereiche und Themen konnten dann im weiteren Verlauf der Veranstaltung in den folgenden vier digitalen Sessions näher beleuchtet werden:

 

  • Landesweite Interessenvertretung von jungen Menschen in Angebotsformen der stationären Hilfen zur Erziehung: Gelingensfaktoren und Stolpersteine
  • Politische Bildung für alle: Maßstäbe, Fallstricke und gute Ideen
  • Jugenddialog: Wirksame Beteiligung mit europäischer Tragweite
  • Online-Beteiligung und Digitalisierung – der Blick des Kinder- und Jugendschutzes in virtuelle (Jugend) Räume

 

In einer Fishbowl-Diskussion mit Vertreter*innen der beteiligten Organisationen und der Anbieter*innen der Sessions wurden im Anschluss die wichtigsten Diskussionspunkte und Erfahrungen zusammengetragen:

 

Deutlich wurde in allen Diskussionen, dass es konkrete Teilhabeerfahrungen und Kompetenzen der Teilhabe braucht, um sich wirksam einbringen zu können. Dafür sind geschützte Räume notwendig sowie niedrigschwellige Beteiligungsmöglichkeiten. Als Problem wurde erkannt, dass viele Teilhabemöglichkeiten und -rechte nicht bekannt sind. Gerade bei digitalen Formaten sind die technischen Voraussetzungen und die Zugänglichkeit ausschlaggebend.

 

Die Strukturen der Kinder- und Jugendhilfe müssen den eigenen Informationsauftrag wahrnehmen und den jungen Menschen den Zugang zur Interessenvertretung zu ermöglichen.

 

Was braucht gelingende Beteiligung? Jugendliche müssen ernst genommen und gehört werden. Der Mehrwert der Beteiligung muss sichtbar sein und die Themen müssen von den Jugendlichen – analog zu den Youth Goals – selbst gesetzt werden können. Diese Prozesse müssen einhergehen mit dem Abgeben von Macht. Gelingende Beteiligung braucht Vertrauen, Zeit, Wissen, Verbündete und kritische Reflexion.

 

Diese Veranstaltung konnte sicher einen kleinen Anstoß geben und Prozesse der Jugendbeteiligung sichtbar machen. Dass dies aber keine abschließbare Aufgabe ist, sondern alle Beteiligten – die Organisationen und die Jugendlichen – dauerhaft herausfordert, versteht sich von selbst.

 

Das Haus der Jugendarbeit und Jugendhilfe e. V. ist die Heimat für wichtige bundeszentrale Organisationen der Kinder- und Jugendhilfe:

 

  • Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ
  • Arbeitskreis deutscher Bildungsstätten (AdB)
  • Bundesarbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz (BAJ)
  • Deutsche Bundesjugendring (DBJR)