“Demokratie
braucht
politische Bildung”

Prävention und politische Bildung – Wie weiter?

Die Vielfalt der Gesellschaft widerspiegeln
Foto: AdB
16.10. 2019

Bericht über die Fortbildungsreihe des AdB-Fachreferats „Religiös begründeter Extremismus“

Im Jahr 2019 hat das Fachreferat „Religiös begründeter Extremismus“ des Arbeitskreises deutscher Bildungsstätten e. V. in Kooperation mit cultures interactive e. V. eine modulare Fortbildungsreihe für Pädagog*innen und Fachkräfte aus Jugend(sozial)arbeit, Bildung und Schule durchgeführt.

 

Der Fokus der Veranstaltungsreihe lag auf politischer Bildung und phänomenübergreifender Prävention, sowohl deren Unterscheidungen als auch Synergien und Überschneidungsbereiche. Ziel der Fortbildungsreihe war die Vermittlung von Handlungskompetenzen für den Umgang mit Gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit, Rechtsextremismus und religiös begründetem Extremismus.

 

Ideen und Äußerungen der Ungleichwertigkeit, die entweder religiös, völkisch, ethnisch oder kulturalistisch begründet werden, finden immer mehr Eingang in die öffentlichen Diskurse. Oft werden diese in unterschiedlichen Präventionsangeboten verhandelt und es findet entweder eine Fokussierung auf Rechtsextremismus oder auf den Bereich des religiös begründeten Extremismus statt. Für manche Gruppen und Settings kann aber ein phänomenoffener Zugang von Vorteil sein. Auch bietet sich auf inhaltlicher Ebene eine vergleichende jugendkulturelle und medial gestützte politische Bildung an. Mit diesem phänomenübergreifenden Ansatz hat die Fortbildungsreihe in insgesamt vier Modulen je ein Schwerpunktthema vertieft, welches einen Bezug zu beiden Formen des Extremismus aufweist. So wurde den Überschneidungen und Unterscheidungen in beiden Phänomenbereichen nachgegangen:

 

  • Medien: 29./30. April 2019 in der Europäischen Jugendbildungs- und Jugendbegegnungsstätte Weimar (EJBW),
  • Rollenbilder/Gender: 17./18. Juni 2019 im Jugendgästehaus Bochum,
  • Diversität/rassismuskritische Bildungsarbeit: 2./3. September 2019 in der Jugendbildungsstätte LidiceHaus Bremen und
  • Antisemitismus: 9./10. Oktober im Max Mannheimer Haus in Dachau, mit Besuch der KZ Gedenkstätte in Dachau am 11. Oktober 2019.

 

Neben Hintergrundwissen wurden bewährte Methoden der politischen Bildung vorgestellt und neue Ideen für das eigene Arbeitsfeld entwickelt. Dabei war es oft eine Herausforderung, die unterschiedlichen Perspektiven, Kenntnisstände und Erfahrungswerte der Teilnehmenden mit einzubeziehen.

 

Was haben wir gemacht?

 

Bei den Phänomenbereichen Rechtsextremismus und religiös begründetem Extremismus handelt es sich um strukturell ähnliche Ideologien, die sich jedoch als Antagonisten gegenseitig bei der Mobilisierung unterstützen, bspw. durch mediales Aufgreifen und Inszenieren von vermeintlichen Fakten, Aktionen oder Geschehnisse. Um Radikalisierungstendenzen bei Jugendlichen zu erkennen, ist daher die Kenntnis über Codes und Inhalte extremistischer Gruppierungen von großer Bedeutung. Methodisch wurde viel mit Fotos, Videos und Musik gearbeitet, da sich zum einen die verwendeten Codes dort wiederfinden und dies zum anderen insbesondere im jugendkulturellen Bereich sehr erfolgreich ist.

 

Für das Schwerpunktthema Medien war es daher wichtig, sowohl auf unterschiedliche Medienpräsenzen und Strategien, aber auch auf die Vermittlung medienpädagogischer Kompetenzen aufmerksam zu machen. Unter Berücksichtigung der Geschlechterrollen und Genderkonzepte beider Phänomenbereiche kann eine pädagogische Antwort ein diversitätsfokussierter Ansatz sein. Hier können zum einen Widersprüche in Ideologien aufgezeigt als auch alternative Lebenskonzepte und Biografien in die Arbeit mit Jugendlichen einbezogen werden. So können Irritation erreicht und Empowerment gefördert werden. Dies gilt auch für den diversitätssensiblen und rassismuskritischen Ansatz, der in erster Linie Denkanstöße liefern und zur Reflexion der eigenen Arbeitsansätze anregen soll. Bei dem Schwerpunktthema Antisemitismus lag der Fokus auf einer Befähigung zu Ambiguitätstoleranz und kritischer Urteilskompetenz. Doch auch hier wurde deutlich, wie wichtig auch das Anerkennen von Diskriminierungserfahrungen bspw. von antimuslimischem Rassismus ist – für ein Empowerment von Jugendlichen und jungen Erwachsenen.

 

Was nehmen wir mit?

 

Was nehmen wir nach vier Fortbildungsmodulen mit anspruchsvollen Inhalten und Schwerpunktthemen und einer sehr heterogenen Teilnehmendenschaft mit? Im Grunde ist festzustellen, dass die zu vermittelnden Kompetenzen nicht nur für Kinder und Jugendliche wichtig sind, sondern auch und gerade für Multiplikator*innen von großem Wert sind. Dies betrifft bspw. Medienkompetenzen und eine kritische Mediennutzung aber auch der Einsatz für unterschiedlichste Gender- und Lebensformen, und damit einhergehend ein Bewusstsein für Selbstbestimmung statt Fremdzuschreibung. Darüber hinaus wurde deutlich, wie wichtig die Reflexion der eigenen Haltung und eigener Rassismen ist. Dies betont auch die Notwendigkeit von Diversität und einer radikalen Vielfalt, sowohl im eigenen Team als auch in den Netzwerken. Nur so kann eine authentische Abbildung einer heterogenen und diversen Gesellschaft erfolgen. Um die politische Bildungsarbeit dahingehend zu stärken und zu sensibilisieren, bedarf es entsprechender Programme und Projekte, die sich nicht zuletzt in Fortbildungsveranstaltungen realisieren lassen. Wir freuen uns darauf, uns auch im kommenden Jahr diesen Themenbereichen zu widmen und so einen Beitrag für eine weltoffene und diverse Gesellschaft zu leisten.

 

Das AdB-Fachreferat „Religiös begründeter Extremismus“ wird aus Mitteln des BMFSFJ gefördert.