“Demokratie
braucht
politische Bildung”

Pandoras neuer Status für 2022: „Wer, wenn nicht Vir(en)?”

Bericht der Fachgruppe „Digitale Medien und Demokratie“
Programm Politische Jugendbildung im AdB

Wie gelingt es, die durch die Corona-Pandemie beschleunigte Digitalisierung und die damit angestoßenen Prozesse zu erhalten? Wie können die neuen Wege, Methoden und Formate verstetigt, gesichert und dokumentiert werden, auch wenn es zurück in die Präsenzarbeit geht? Dies waren wichtige Fragen im Berichtsjahr. Die Inhalte waren bestimmt durch die Auseinandersetzung mit Digitalisierung und Demokratie sowie mit Zugängen zur digitalisierten Gesellschaft als Basis für jugendliche Weltaneignungen oder Chancengleichheit.

Wissenstransfer: Unterstützung des ABC Hüll beim hybriden Fachtag der Niedersächsischen Bildungsinitiativen zum Thema Nachhaltigkeit
Wissenstransfer: Unterstützung des ABC Hüll beim hybriden Fachtag der Niedersächsischen Bildungsinitiativen zum Thema Nachhaltigkeit, Foto: abc-huell.de

Post-Corona ist Post-Digitalisierung?

 

Am Ende des Jahres 2021 sind sie wieder da: Die Fragen nach Online-Alternativen für Bildungsveranstaltungen. Dabei war das Anfang 2021 noch nicht abzusehen, war der Wunsch zu einer Rückkehr zur „Normalität” doch groß. Zur Mitte des Jahres entspannte sich die pandemische Lage weltweit, wenn auch die Auswirkungen der Corona-Pandemie und die Gewöhnung an den Lockdown bei vielen Menschen weiterhin zu spüren waren (vgl. Kaddor 2021). Die Rückkehr zum „gewohnten Betrieb” sorgte für eine Umstellung und auch ein Stolpern. Damit angestoßene Prozesse nicht verloren gehen, sollten im Kreis der Jugendbildungsreferent*innen diese in 2021 verstetigt, gesichert und die Arbeit im Digitalen dokumentiert werden, bevor es zurück in die Präsenzarbeit als Maß der Dinge ging.

 

„Marty, du musst mit mir zurückkommen!”

 

Für die Fachgruppe ist die Auseinandersetzung mit Digitalisierung und Demokratie und mit Zugängen zur digitalisierten Gesellschaft als Basis für jugendliche Weltaneignungen oder Chancengleichheit zentral. Dabei sind wir Teil unterschiedlicher Dynamiken: einerseits dem Wunsch der Rückkehr zum „Normalen” – in diesem Falle zurück zur Präsenz –, andererseits dem Wunsch der Entwicklung von neuen Formaten und Angeboten, die in der Pandemiesituation gebraucht werden.

 

Eines unserer Grundbedürfnisse ist Sicherheit. In Zeiten von wegfallenden Arbeitsplätzen, wechselnden Hygienerichtlinien und einem unbestimmten Ende der weltweiten Coronalage ist Sicherheit bei Gesundheit und Arbeit nicht gegeben. Letztere bestimmt zusätzlich noch darüber, wie wir wohnen und uns wohlfühlen. Dass Menschen sich in so einer Situation wünschen, dass in den Bereichen Arbeit und öffentliches Leben alles so bleibt, wie es war, ist verständlich. Es berücksichtigt aber nicht die Gesundheit und das Wohlergehen sowie damit verbundene Entwicklungsprozesse der gesamten Gesellschaft.

 

Das erwünschte „Normale“ ist dabei nur ein Gefühl (vgl. Reinecke 2021), das jedoch mit äußerlichen Eindrücken wiederhergestellt werden kann. Vielen geht es dabei um einen Lebensalltag, als dieser noch nicht so stark im Digitalen stattfand. Streamingdienste waren z. B. der Hit im neuen digitalen Alltag. Allerdings erlebten wir auch viele negative Seiten. Wer nicht über die notwendige technische Ausstattung verfügt oder gar Probleme mit seiner Internetanbindung hat, kommt gar nicht erst in den Genuss, die Probleme des Internets zu erleben (vgl. Koerth 2020). Der digitale Referenzrahmen für europäische Bürger*innen, DigComp 2.1, hatte 2017 schon auf einen Mehrbedarf an digitalen Kompetenzen aufmerksam gemacht. Dies hat sich nicht verändert, wie die Digital Skills Gap Studie 2021 zeigt, in der deutlich wird, dass viele Menschen souverän digitale Anwendungen nutzen, aber nur wenige sie verstehen. Gleichzeitig gab es auch genügend Hinweise auf fehlende digitale Infrastrukturen und Ausstattungen im Bildungsbereich. Die Pandemiezeit zeigte hier noch einmal mehr, was schlecht entwickelt war und sorgte damit nicht für ein allgemeines Hochgefühl, trotz durch die Krise beschleunigte digitaler Entwicklungen. Da das Digitale also keine Besserung mit sich bringt, wird der Wunsch nach der gewohnten Sicherheit des Analogen verständlich. Darüber hinaus sind die technischen Probleme nicht die einzigen, mit denen wir im Bildungsbereich durch die Pandemiesituation konfrontiert sind.

 

Kann denn nicht wenigstens eine*r an die Kinder denken?

 

Die Auswirkungen auf die psychische Gesundheit unserer Zielgruppen Kinder und Jugendliche ist katastrophal: Wie die (Online-)Befragung COPSY I + II (Corona und Psyche) des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) zeigen, sind psychologische Auffälligkeiten wie Hyperaktivität, emotionale Krankheiten wie Depressionen und Verhaltensprobleme stark angestiegen. Auch psychosomatische Phänomene wie Gereiztheit, Einschlafprobleme, Kopf- und Bauchschmerzen haben zugenommen. Die fehlenden Sozialkontakte und unzureichende Betreuung sind für Kinder und Jugendliche schwer zu bewältigen. Weniger Bewegung, Zunahme des Medikamentenkonsums und mehr Süßes führten zu weiteren negativen psychischen Folgen. Gleiches ergaben die Befragungen der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) für Erwachsene. Arbeit, Haushalt und Kinder gleichzeitig zu stemmen, war für viele eine harte Herausforderung. Das Gefühl, im Homeoffice ständig erreichbar sein zu müssen, führt bei einigen zu zusätzlichem Stress, vgl. hier.

 

Die Auswirkungen gehen noch tiefer: In der Coronazeit geborene Babys haben Entwicklungsdefizite im motorischen und sozialen Bereich (vgl. Mücke 2022).

 

Wir hoffen natürlich, dass Menschen wieder mehr in direkten Kontakt miteinander kommen und sich selbst genügend bewegen und gesund bleiben. Gleichzeitig wollen wir als Fachgruppe aber auch fragen, was sich im Bereich der digitalen Bildung verändern könnte.

 

„Wohin? – Zurück in die Zukunft!”

 

Die Rückmeldung von Teilnehmer*innen unserer Bildungsveranstaltungen macht deutlich, dass es noch enorme Qualitätsunterschiede bei Online-Veranstaltungen gibt. Online-Kommunikation funktioniert anders als Offline-Kommunikation (vgl. Brodnig 2016). Gleiches gilt auch für Bildungsveranstaltungen. Abgesehen davon, dass es unterschiedliche Lernformen und -typen gibt und sich Frontalunterricht nicht für alle Menschen als beste Methode herausgestellt hat, zeigte sich in unserer Bildungspraxis, dass die Übertragung von Frontalveranstaltungen ins Digitale ohne Anpassung an den digitalen Raum besonders ineffizient ist (vgl. Wößmann et al. 2021). Der Austausch zu politischer Bildung in Online-Formaten (vgl. Krämer 2021) zeigte, dass Teilnehmende interaktiv am besten mitgenommen werden und die besonderen Regeln der Online-Welt in Netiketten mitgeteilt werden müssen. In der Lockdown-Zeit wurde hier viel erprobt, Neues gelernt und Entwicklungen vorangetrieben. Im Wechsel von Online zu Offline blieb jedoch wenig Zeit für die Dokumentation. Der stetige aktuelle Wechsel zwischen Präsenz- und Online-Veranstaltungen macht die Notwendigkeit einer Niederschrift der bisherigen Erkenntnisse besonders klar, aber auch das Fehlen der dafür notwendigen Zeitressourcen.

 

In der Fachgruppe sind im Spannungsfeld von Kurzarbeit und ständigem Umplanen trotzdem einige Dokumentationen als Arbeitshilfen entstanden. Im Januar 2021 postete das ABC Bildungs- und Tagungszentrum e. V. „Zehn Gebote für Online-Seminare”. Die Stiftung wannseeFORUM entwickelte auf Basis der wannseeFORUM-Respektcharta zum Jahresanfang „Wohlfühl-Seminarregeln“ für ein digitales Miteinander. Die Jugendbildungsstätte Kurt Löwenstein erarbeitete für Online-Fortbildungen das Padlet „Nicht schon wieder Zoom” zu Kommunikationsbesonderheiten des Internets und in der Jugendbildung schon erfolgreich erprobte Online-Tools.

 

Einige davon, wie z. B. Kahoot-Quiz zur Wissensvermittlung, digitale Whiteboards für kollaboratives Arbeiten oder Videoinputs durch Expert*innen setzten die Mitglieder der Fachgruppe auch schon vor der Pandemie in Präsenzseminaren ein – und werden daran in kommenden On- und Offline-Formaten anknüpfen. Bezugnehmend auf die Studie „Politische Bildung online: all inclusive? Ein- und Ausschlüsse in digitalen Formaten der außerschulischen politischen Bildung – eine Studie aus machtkritischer und intersektionaler Perspektive“ von Dr. Anna Kramer, Fachgruppenmitglied im basa e. V. (Krämer 2021), entsteht dort zurzeit eine Methodenhandreichung zu diversitässensibler Online-Bildung.

 

Die Selbstverständlichkeit, digitale Tools in Präsenzseminaren einzusetzen, ermöglichte 2020 auch eine schnellere Entwicklung von Online-Formaten und -methoden, die 2021 in Fortbildungen an auch im zweiten Pandemiejahr noch verunsicherte Akteur*innen der Jugendbildung weitergegeben werden konnten, z. B. im hybriden Barcamp politische Bildung durch Inputs von Fachgruppen-Mitgliedern wie „Tür zu, es zoomt!” oder bei eigenen Online-Veranstaltungen wie von der Jugendbildungsstätte Kurt Löwenstein für Multiplikator*innen im pädagogischen Bereich, Fortbildungen der Stiftung wannseeFORUM „Im Zoom: Methoden und Tools für digital gestütztes Lernen während und nach der Pandemie“ – zuerst intern für das pädagogische Team, dann in zwei Veranstaltungen bundesweit. Basa e. V. bot eine Online-Fortbildung „Digitale Tools für die diversitätssensible Online-Bildung” an. Fachgruppenmitglieder wurden vermehrt von Dritten für Wissenstransfer angefragt, z. B. das ABC Bildungs- und Tagungszentrum e. V. für die Deutsche Fußball Liga, den Verein Niedersächsischer Bildungsinitiativen und verschiedene andere Bildungsträger, die JBS Kurt Löwenstein von der Brandenburger Landeszentrale für politische Bildung zum Thema „Digitale politische Bildung im ländlichen Raum” und zu den Kommunikationsbesonderheiten des Internets beim Deutschen Kinder- und Jugendhilfetag (DJHT). Das wannseeFORUM gab einen Workshop zu Umgang mit Daten und Safe Spaces für vom DEZIM-Institut begleitete „Demokratie Leben”-Projekte. Basa e. V. bot zahlreiche Workshops im Auftrag der Geschäftsstelle der Internationalen Gesellschaft für erzieherische Hilfen (IGfH) zu den Themen „Interaktive Gestaltung von Online-Workshops“ und „Kollaboratives Online-Arbeiten und Netzwerke“ an. Schloss Gollwitz baute als neuen Ort für Wissenstransfer die eigene Bildungsstätte in MineTest/-Craft nach und erarbeitete Konzepte zur Nutzung des Tools für Präsenz-, Hybrid- und Online-Veranstaltungen für die politische Bildung.

 

Wir sitzen als Bildungseinrichtungen dabei zwischen zwei Stühlen. Einerseits leben unsere Häuser von Belegungen und wünschen sich daher so viele Präsenzveranstaltungen wie nur möglich. Gleichzeitig wurde in den Corona-Jahren viel in den Onlinebereich investiert, neue Technik angeschafft und Online-Veranstaltungen als Formate für bestimmte Zielgruppen und Situationen etabliert. Die fördernden Institutionen wünschen sich daher ebenfalls eine Verstetigung der Online-Arbeit.

 

Wir haben daher bei der Tagung der Jugendbildungsreferent*innen im November 2021 nachgefragt, wie viele Bildungseinrichtungen weiter planen, Online-Veranstaltungen anzubieten. Innerhalb der Einrichtungen des Programms „Politische Jugendbildung im AdB“ planen elf Einrichtungen weiter Online-Veranstaltungen für das Jahr 2022, davon sieben ebenso Hybridformate. In sechs Einrichtungen werden auch Veranstaltungen insbesondere für Kinder und Jugendliche geplant. Bei elf Einrichtungen, die 2022/2021 etwas für Online-Veranstaltungen entwickelt haben, ist dies ebenfalls dokumentiert, bei vier Einrichtungen allerdings nur intern.

 

Für die Zukunft von Bildungsveranstaltungen wünschen wir uns kein Online ODER Offline, sondern ein Online UND Offline. Online-Veranstaltungen haben ihre eigenen Vor- und Nachteile und lassen sich als eigenständiges Konzept neben Präsenzveranstaltungen umsetzen. Gleiches gilt für Hybridveranstaltungen, die jedoch für die Verbindung zweier Formate auch den doppelten Aufwand bedeuten.

 

Online-Formate können für einige Zielgruppen inklusiver sein. Vor allem können sie interaktiver sein und können durch den technischen Rahmen diverse Settings, z. B. „Outer Space“ oder „Hacking Space“, einfacher glaubwürdig umsetzen als in Präsenzveranstaltungen. Diverse Konzepte, die sich mit der Integration von digitalen Medien befassen, können mit Online-Veranstaltungen einfacher verbunden werden, z. B. durch das „Flipped Classroom”-Konzept, bei dem Lernende sich außerhalb der Veranstaltung (zu Hause oder in freien Lernphasen) in ihrem eigenen Tempo die theoretischen und praktischen Grundlagen eines neuen Themas durch Medien aneignen.

 

Den Spielraum des Digitalen nutzen – u. a. am Beispiel des Online-Escapegames „Archiospace“

Die Lösungsmaschine im digitalen Edu-Escape Game „Archiospace“
Die Lösungsmaschine im digitalen Edu-Escape Game „Archiospace“, Foto: Fachgruppe „Digitale Medien und Demokratie“ im Programm „Politische Jugendbildung im AdB“

Die Nähe zum digitalen Gerät erlaubt gleichzeitig den Anschluss an Spiele. Diese sind in den letzten Jahren weiterhin in den Fokus der bildnerischen Auseinandersetzung gerückt und sind ein eigenständiges, weiteres Konzept. Für die Bildungseinrichtungen ist es mitunter einfacher, wenn alle Teilnehmenden bereits an ihrem passenden Spielgerät und online miteinander zur Kommunikation verbunden sind.

 

Gewohnheiten verändern sich ebenfalls. Nicht nur haben viele Teilnehmende von Online-Veranstaltungen mittlerweile Vorerfahrungen mit selbigen und kennen daher Mikrofondisziplin oder ähnliche Hinweise. Die Gewöhnung an ein digitales Miteinander und ein Gefühl von Zusammengehörigkeit lässt sich hier ebenfalls erzeugen. Ein großes Veto gegen digitale Veranstaltungen ist oft, dass die Teilnehmenden nicht sozial miteinander interagieren würden. Dies mag im Rahmen von Präsentationen und frontal durchgeführten Bildungsveranstaltungen, die keinen individuellen Austausch erlauben, richtig sein. Die oben erwähnten Gamer*innen haben aber eine langjährige Erfahrung sozialen Austausches und sozialer Beziehungen über das Internet, indem dafür passende Werkzeuge und Umgebungen genutzt werden. Diese sollten eher genutzt werden als Totschlagsätze wie „Nur Präsenzbeziehungen sind richtige menschliche Beziehungen” zu äußern.

 

Auch die Fachgruppe setzte 2021 an dieser Spielerfahrung Jugendlicher an und startete als Fachgruppenprojekt die Entwicklung eines Online-Escape-Games mit dem Ziel, angesichts der Online-Müdigkeit bei vielen Teilnehmenden eine Methode zu entwickeln, die Off- und Online-Lernen verbindet und dabei gleichzeitig Themen der Digitalisierung mit Spielenden anspricht, die ohnehin gerade zur verstärkten Nutzung von digitalen Lern-, Informations- und Unterhaltungsformen gezwungen waren. Zusammen mit freien Referent*innen und Freiwilligen entstand in einer Workshopreihe mit „Archio-Space“ ein erster Prototyp. Er nutzt die Verbindung der Open-Source-Software Workadventu.re als 2D-Spielwelt mit Tools wie z. B. jitsi.org für Videokommunikation. Twine und Scratch werden zur Programmierung spielerisch für die Nutzung ebenso wie für die inhaltliche Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Aspekten von Digitalisierung eingebunden. Die bisher entwickelten Aufgaben thematisieren Bildinterpretation und Diskriminierung durch Algorithmen ebenso wie einfaches Coding. Es geht um das Verstehen von Zusammenhängen ebenso wie eigene Medienproduktion als Annäherung an die Frage, in welcher digitalisierten Gesellschaft wir leben wollen.

 

Bei einem Fachtag für Jugendbildungsreferent*innen im AdB-Programm stellte die Fachgruppe ihre Arbeit zu „Politische Bildung digital machen”, „Politische Bildung zu Digitalem” und „Digitales für politische Bildung” vor. Dabei wurde auch das Escape-Game gespielt und Feedback dazu für die Weiterentwicklung genutzt. Unter dem Titel „(Digitale) Escape Games für die Verbindung von Off- und Online-Lernen im Bereich außerschulischer Bildung” wurde das Projekt im Oktober 2021 in einer bundesweiten Fortbildung als Anregung angeboten. Zum Jahresende testeten es Auszubildende im Kontext von Wochenseminaren. Auch ihr positives Feedback ist ein Anknüpfungspunkt für die Weiterentwicklung als Fachgruppenprojekt in 2022. Ziel ist die Umsetzung weiterer inhaltlicher Aufgabenstellungen zu Digitalisierung und Demokratie, eine ausführliche Dokumentation für Nutzung und Weiterentwicklungen durch Dritte und die Adaption für internationale Jugendbildungsprojekte. Als hybride Methode soll dabei für Spielgruppen gleichzeitig die örtliche Unabhängigkeit genutzt werden genauso wie die Auseinandersetzung mit Digitalisierung z. B. im eigenen Stadt- und physischen Alltagsraum.

 

Hybrid als Chance?

 

Die Verbindung von Präsenz- und Online-Formaten hat viele Vorteile. Besonders ermöglicht, bzw. vereinfacht es vielen Menschen den Zugang zu Bildung: Physische, räumliche und zeitliche Hürden lassen sich minimieren. Veranstaltungen können für Menschen mit Mobilitätseinschränkungen oder z. B. mit sozialen Phobien ebenso zugänglicher werden wie für Menschen, für die eine Reise zur Veranstaltung z. B. aus familiären Gründen oder aufgrund hoher Reisekosten unmöglich ist.

 

Doch ein Hybrid-Event bringt auch viele technische und pädagogische Hürden mit sich, die bewältigt werden müssen. Wie in allen Lernsettings ist es in Hybridveranstaltungen eine Hauptaufgabe der moderierenden Personen, die Bedürfnisse der Gruppe im Blick zu behalten. Das kann sich schon in reinen Online-Veranstaltung schwierig gestalten, wenn Teilnehmende etwa ihr Videobild ausschalten oder schlichtweg mehr Personen teilnehmen als auf einem Bildschirm darstellbar sind. Ab einer Gruppengröße von ca. 15 bis 50 Personen (je nach Erfahrung des pädagogischen Personals) hat es sich als hilfreich erwiesen, eine weitere Person als Unterstützung dabei zu haben. Diese kann als Schnittstelle zwischen Seminarleitung und Teilnehmenden agieren, Wortmeldungen oder Fragen entgegennehmen, Fragen im Chat beantworten oder aber auch nur Mimik und Aufmerksamkeit von Teilnehmenden im Blick behalten.

 

Dies gilt in hybriden Veranstaltungen umso mehr. Präsenz- und Online-Teilnehmende müssen ähnlich gute Betreuung und Aufmerksamkeit bekommen. Das fängt bei der Begrüßung an. Während die Präsenz-Teilnehmenden z. B. ihr Namensschild persönlich überreicht bekommen, ist es hilfreich, wenn auch in der Videokonferenz ein Teammitglied zur Begrüßung bereitsteht. Statt Smalltalk am Kaffeebuffet bieten sich etwa Breakout-Sessions an oder interaktive Umfragen auf dem virtuellen Whiteboard, einem Padlet oder Ähnlichem. Diese Online-Moderator*in kann im Verlauf der Veranstaltung auch als Schnittstelle zwischen Moderation vor Ort und Teilnehmenden in der zugeschalteten Videokonferenz dienen. Für die Moderation im Plenum beim Präsenz-Workshop wäre es hilfreich, die Online-Teilnehmenden nicht nur als Kacheln im Rücken zu haben (wo sie für die Präsenz-Teilnehmenden gut sichtbar sind), sondern auch auf einem weiteren Monitor zwischen Moderation und dem Präsenzpublikum.

 

Unterschiedliche Räume bringen unterschiedliche Erwartungen und Möglichkeiten mit, technisch wie methodisch. Oft bietet es sich an, das Digitale zuerst zu denken. Es ist etwa praktikabler eine digitale Präsentation vor Ort und im Netz zu zeigen, als ein Flipchart abzufilmen. Statt Ergebnissammlungen auf Moderationskarten oder Wandzeitungen zu machen, ist es sinnvoller, dass auch die Präsenz-Teilnehmenden digitale Tools wie Mentimeter, Padlet oder Etherpads nutzen, um dann eine gemeinsame Arbeitsfläche mit den Online-Teilnehmenden zu haben. So kann eine gleichwertige Teilnahme aller gewährleistet werden. Möglicherweise ist dazu dann aber auch technische Hilfestellung vor Ort und/oder das Verleihen von Tablets oder ähnlichem nötig.

 

Bleibt alles anders?

 

Dass sich einiges durchaus weiterentwickelt hat und Online neben Offline bestehen bleibt, zeigen schon einige Tendenzen: Vor- und Nachbesprechungen werden trotz eines möglichen Treffens in Präsenz online durchgeführt, was vielen mit vollen Terminkalendern entgegenkommt. Die gegenseitige Vorstellung von Gruppen und Teamenden über Online-Formate vor Präsenzveranstaltungen ist sehr beliebt geworden, wenn sie zum Teil auch auf digitale Notwendigkeiten bei Online-Veranstaltungen zurückzuführen sind, bei denen das gegenseitige Kennenlernen mehr Zeit benötigt.

 

Kürzere Bildungsveranstaltungen mit Erwachsenen, bei denen es besonders um fachlichen Austausch geht, könnten auch zukünftig online durchgeführt werden. Hier können den Teilnehmenden lange Fahrtzeiten erspart werden und auch die Organisation geht wesentlich schneller. Alles, was gebraucht wird, ist ein Online-Raum und der Link dazu.

 

Für die Dozierenden bedeutet der digitale Raum aber eine zusätzliche Herausforderung. Hier wechseln häufig technische Rahmen (wie Programme, Tools, Datenschutzbestimmungen) und die Einarbeitung in die digitale Umgebung sind ein zusätzlicher Aufwand. Ebenso sind nicht alle Menschen gleich gut im Bedienen von Online-Umgebungen, weshalb häufig mehr Unterstützung bei den Dozierenden und Teams gebraucht wird, um technische Betreuung, Beantwortung des Chats, Bedienen der Apps und Moderation der Veranstaltung zu übernehmen. Leider berücksichtigen Förderprogramme diesen personellen Mehraufwand nicht. Auch andere Anforderungen von Fördergeldgebern wie Programmtage mit sechs Zeitstunden widersprechen zum überwiegenden Teil den Spezifika von Online-Formaten. Die Möglichkeiten der finanziellen Förderung von technischen Anschaffungen war während der Jahre 2020/2021 eine Ausnahme, die im Zuge der notwendigen Verstärkung im Bereich digitaler pädagogischer Arbeit eine Regel werden sollte. Hier muss ein Umdenken stattfinden, um bei allen Beteiligten – Teams und Teilnehmenden – statt Frustration durch zu lange Bildschirmzeiten oder fehlender personeller Unterstützung Begeisterung für neue Lernformen erzeugen zu können – denn in der Ausgestaltung von On- und Offlinelernen und dessen Verbindung spiegeln sich Kernfragen des Themenfeldes „Digitale Medien und Demokratie” wider: Nur eine – durch entsprechende Ressourcen und Zugänge ermöglichte – positiv besetzte Erfahrung, Digitalisierung für (politische) Bildung nutzen zu können, kann zur konstruktiven inhaltlichen Auseinandersetzung mit Demokratisierungsprozessen in der digitalisierten Gesellschaft beitragen.

 

Literatur

 

Brodnig, Ingrid (2016): Hass im Netz. Was wir gegen Hetze, Mobbing und Lügen tun können. Wien: Brandstätter

Kaddor, Lamya (2021): Der Weg zurück zur Normalität wird schwer. In: t-online, 09.06.2021

Koerth, Katharina (2020): Welche Branchen unter Corona leiden – und welche profitieren. In: SPIEGEL online vom 12.03.2020

Krämer, Anna Maria (2021): „Politische Bildung online: all inclusive? Ein- und Ausschlüsse in digitalen Formaten der außerschulischen politischen Bildung – eine Studie aus machtkritischer und intersektionaler Perspektive“. Berlin: AdB

Mücke, Peter (2022): US-Studie: Pandemie-Babys entwickeln sich langsamer. In: Tagesschau vom 21.02.2022

Reinecke, Stefan (2021): Debatte um Normalität. Das Normale ist flüssig geworden. In: taz, 13.04.2021

Wößmann, Ludger/Freundl, Vera/Grewenig, Elisabeth/Lergetporer, Philipp/Werner, Katharina/Zierow, Larissa (2021): Bildung erneut im Lockdown: Wie verbrachten Schulkinder die Schulschließungen Anfang 2021? In: ifo Schnelldienst, 74, Nr. 05, S. 36–52

 

Zugriff auf alle in dieser Publikation benannten Internetquellen: 11.04.2022

 

Bericht aus der Praxis

Edutainment – oder brauchen Jugendliche im Lockdown wirklich noch mehr Bildschirmzeit?

Reflexion der sechsteiligen Online-Workshopreihe „Wie soll unsere digitale Zukunft aussehen?“

Symbolbild: Bildschirmzeit
Foto: AdB

Man kann sich viele Gedanken darüber machen, wie man Online-Formate inklusiv gestaltet, alle mitnimmt, nicht langweilig rüberkommt, ausreichend Pausen einbaut und so vieles mehr. Wenn man aber plötzlich das Gefühl hat, nur ein „Sender“ im täglichen 12h-Bildschirm-Marathon von Jugendlichen zu sein, kommt die Frage hinzu, ob Jugendliche, die bereits Homeschooling, digitale Kontakte mit Familie und Freund*innen, Social Media und Gaming auf ihrer digitalen Agenda haben, wirklich noch ein Online-Seminar in politischer Bildung brauchen.

Vorweg: Ich antworte hierauf mit einem entschiedenen Jein!

 

Was war der Deal?

 

Nachdem die Wohngruppen mit Geldern von Aktion Mensch mit W-Lan und Endgeräten ausgestattet worden waren, sollte nun unsere Workshop-Reihe Raum für eine Auseinandersetzung mit der Digitalisierung unseres Alltags, aber auch zur Reflexion von Mediennutzungsverhalten und Phänomenen wie Fake News und Hate Speech bieten. Gleichzeitig sollten nebenbei Skills der Medienbildung, etwa bei der Nutzung von Videokonferenz-Tools für Gruppenarbeiten im Kontext des Homeschooling vermittelt werden.

 

Der Blick in die (nicht allzu weit entfernte) Zukunft einer sich digitalisierenden Gesellschaft mit erheblichen Veränderungen in unserem direkten und alltäglichen Umfeld ruft Bilder hervor, die sich zumeist in einem Spannungsfeld zwischen Utopie und Dystopie bewegen. Ziel der Workshop-Reihe war es, einer fatalistischen und passiven Haltung gegenüber den Entwicklungen der Zukunft entgegenzutreten und so eine aktive Aneignung zu ermöglichen, die eine partizipative Einmischung in gesellschaftlich relevante Fragen hinsichtlich digitaler Entwicklungen begünstigt.

 

Bringen diese Technologien eigentlich eine gute Zukunft oder öffnen sie uns die Türen zu einem Sci-Fi-Alptraum, wie wir ihn aus Black Mirror und anderen Serien kennen? Und (wie) behalten wir in dieser digitalisierten Zukunft eigentlich die Kontrolle über unsere Mediennutzung und Daten?

 

Indem wir uns mit den Folgen der Digitalisierung für unsere Gesellschaft auseinandersetzten, loteten wir mit den Teilnehmenden gemeinsam Möglichkeiten und Risiken hinsichtlich des Ziels einer selbstbestimmten Internet- und insbesondere Social Media-Nutzung aus.

 

Schwerpunktthemen dabei waren (1) das Internet an sich, seine Geschichte, Struktur, Materialität, aber auch Chancen und Risiken seiner Nutzung, (2) Zoom & Co als Tools für Schule und Privates, (3) Gruppenarbeiten mit Zoom und anderen Videokonferenz-Tools, (4) eine kritische Auseinandersetzung mit digitalen Entwicklungen wie etwa Smart City, autonomer Verkehr, Künstliche Intelligenz etc. zur Förderung einer eigenen Position und Erarbeitung von Handlungsstrategien, um die Entwicklungen mitzubestimmen, (5) digitale Identität, Datenökonomien und -sicherheit sowie (6) Hate Speech und Fake News.

 

Erfahrungen aus den Workshops

 

Immer wieder mittwochs saßen wir also mit jeweils zwei Referent*innen einer diversen Gruppe von Jugendlichen gegenüber, die sich mal mehr, mal weniger einbrachten – also interagierten oder aber auch unser Edutainment einfach nur konsumierten.

 

Natürlich war es uns extrem wichtig ein abwechslungsreiches Programm mit vielen unterschiedlichen Interaktionsmöglichkeiten zu bieten. Methodisch hatten wir eine Mischung aus Spielen wie Kahoot! oder sketchy games, Gruppenarbeiten auf verschiedenen digitalen Plattformen, kurzen YouTube Clips, Ausflügen in Mozilla Hub Umgebungen, ein Museum of Hate Speech zum Kommentieren-Üben und vieles mehr im Gepäck. Dabei achteten wir immer darauf, dass alle Methoden und Tools verschiedenste Möglichkeiten zur Interaktion boten und mit möglichst allen Endgeräten auch bedienbar waren. Natürlich sollte auch Spaß dabei sein, damit das zusätzliche „Lernen“ in der Freizeit nicht langweilig würde.

 

Spätestens aber, als es beim Workshop zu digitaler Identität um das eigene Mediennutzungsverhalten ging, wurde uns klar, dass die Jugendlichen, die wir vor uns hatten, durch Homeschooling, das Pflegen sozialer Kontakte, Gaming und „Glotzen“ bereits Bildschirmzeiten von gut 12 Stunden am Tag vorweisen konnten – einige sogar mehr. In den stationären Einrichtungen wurden z. B. auch Kontakte mit den Herkunftsfamilien in den Lockdown-Phasen oftmals online durchgeführt.

 

Während wir unseren Ansatz, nicht restriktiv auf den Medienkonsum von Jugendlichen einzuwirken, sondern diesen gemeinsam ohne Wertung zu reflektieren, oft gegenüber reinen Medienschutz-Konzepten feiern, kamen hier dann doch Zweifel auf. Auch wenn unsere Workshops Impulse geben, selbstbestimmt über digitale Entwicklungen nachzudenken, anstatt nur stumpf zu konsumieren, so vermitteln sie auch gerade durch spielerische Zugänge und den Unterhaltungswert ein unkritisches positives Verhältnis zum Digitalen. Wäre es an der Stelle nicht angezeigt, den Jugendlichen doch lieber digital Detox, Datensparsamkeit und Jugendschutz zu predigen?

 

Jein!

 

Dagegen spricht zuallererst, dass Jugendliche angesichts restriktiver Ver- und Gebote oftmals einfach „zumachen“ und gegebenenfalls danach im Geheimen weiter konsumieren. Dann ist auch die letzte Chance vorbei, um gemeinsam über unsere Online-Leben zu reden.

 

Wir sehen die Workshop-Reihe also trotzdem als Erfolg. Sechs Mal konnten wir um die zehn Jugendliche von 12–18 Jahren erreichen und mit ihnen gemeinsam über Chancen und Grenzen des Internets reden. Wir konnten ihnen notwendige Skills für ihre Homeschooling-Sessions vermitteln und für bzw. gegen Hass und Diskriminierung im Netz sensibilisieren. Es war uns also möglich, in eine Auseinandersetzung mit den Jugendlichen einzutreten und ihr Mediennutzungsverhalten kritisch zu begleiten. Das war die zusätzliche Bildschirmzeit am Ende doch wert!

 

In unserer Rückmeldung an die Einrichtungsleitung erfuhren wir dann, dass die Pädagog*innen vor Ort das Problem auch schon auf dem Schirm hatten und dass die nun vermehrt gemachten Angebote, draußen gemeinsam zu spielen, auf einmal sogar von den älteren Jugendlichen sehr gerne angenommen wurden – einfach, um mal rauszukommen. Auch gut.

 

Anna Maria Krämer, basa e. V. Bildungsstätte Alte Schule Anspach

 

Bericht aus der Praxis

MineTest als Tool digitaler Bildung: Online und doch vor Ort

Wie MineTest als Online-Veranstaltungsort und Treffpunkt für die Jugendbeteiligungsarbeit genutzt werden kann

Begegnungsstätte Gollwitz in MineTest
Begegnungsstätte Gollwitz in MineTest, Foto: Stiftung Begegnungsstätte Schloss Gollwitz

Videospiele sind bereits seit längerem Teil der Jugend- und auch Erwachsenenkultur. Auch wenn es – in einigen Fällen durchaus berechtigt – gesellschaftliche Vorbehalte gegen Gaming gibt, zeigt sich, dass sich einige Videospiele für die außerschulische politische Bildung gut nutzen lassen. In diesem Beitrag stelle ich am Beispiel der geplanten Seminarreihe „MineTest your Gremium” zu politischer Jugendbeteiligung dar, wie MineTest für politische Bildung genutzt werden kann.

 

Angesichts der pandemischen Lage rücken Online-Veranstaltungen immer weiter in den Fokus und werden zur „Normalität“ der außerschulischen Bildung. Diese abwechslungsreich und spannend zu gestalten, ist eine der großen Herausforderungen unserer Bildungsarbeit. Die Nutzung von bekannten Videospielen bietet hierbei die Möglichkeit eines neuen Zugangs zur politischen Bildung sowie der Erarbeitung von Tools im Umgang mit bestimmten gesellschaftlichen Themen, Strategien und der Darstellung von Ergebnissen. Besonderer Beliebtheit erfreut sich hierbei MineTest (einer OpenSource Variante von Minecraft), das bereits von vielen freien Trägern zur Konzipierung zahlreicher Bildungsprogramme genutzt wird.

 

MineTest – Virtueller Raum für Bildung und Beteiligung

 

Virtuelle Räume und Gaming-Ansätze haben sich bereits vor und vor allem während der Pandemie als zentraler Ort für Kinder und Jugendliche herausgestellt. Seien es Moodle, Discord oder andere Plattformen, auf denen die Jugendlichen mit Lehrpersonen oder miteinander ins Gespräch kommen. So entwickelt sich der virtuelle Raum immer mehr zu einem Teil der Bildungsarbeit.

 

Nach ersten Pandemie-Erfahrungen werden diese Räume auch zunehmend von der Jugendarbeit entdeckt. Einmal etabliert, bieten virtuelle Räume einen guten Rahmen für die kontinuierliche pädagogische Arbeit mit Kindern und Jugendlichen auch außerhalb von Präsenzveranstaltungen.

 

Doch wie genau lässt sich nun MineTest für die Bildungsarbeit nutzen und wo liegen die Vorteile darin?

 

MineTest ist eine freie, kostenlose Open-Source-Alternative zum beliebten Videospiel Minecraft. In einem offenen, digitalen Raum können die Spielenden virtuelle Welten aus quadratischen Blöcken bauen. Im Kreativmodus ist es mit einem Online-Lego vergleichbar, bei dem unbegrenzt Steine verfügbar sind. Im Überlebensmodus kann das Spiel um Simulationen des Wirtschaftens (zum Beispiel Shops), der Produktion, der Landwirtschaft usw. ergänzt werden. In der Bildung lassen sich MineTest und Minecraft daher für (fast) alle Themen, Fächer und Lehrplaninhalte oder zur Vermittlung bestimmter Kompetenzen einsetzen.

 

Die aktive Teilhabe von Kindern und Jugendlichen an Planungs- und Entscheidungsprozessen des öffentlichen Lebens, in Schule, Vereinen, oder verschiedenen politischen Ebenen ist ein zentraler Bestandteil der politischen Bildung. Die Heranführung junger Menschen an Chancen und Dimensionen der Beteiligung kann neben dem theoretischen Einstieg auch spielerisch geschehen.

 

MineTest bietet zahlreiche Möglichkeiten, sowie einen unendlichen Raum für kreative Arbeit. Ob Einzelspieler*in oder Multiplayer – durch die Modularitäten des Spiels können seine Bedingungen mit Blick auf ein gemeinsam festgelegtes Ziel angepasst werden. So können verschiedenste Themenbereiche sowie komplexe Aufgaben im Rahmen der Beteiligung bearbeitet und ausgewertet werden. Damit bietet MineTest eine visuelle, begehbare und erlebbare Repräsentation jugendlicher Ideen und Engagements.

 

Technische Voraussetzungen

MineTest vereint viele Eigenschaften, die das Spiel für Kinder- und Jugendliche aus allen gesellschaftlichen Kreisen zugänglich macht. Zum einen ist das Spiel aufgrund seines OpenSource-Charakters kostenlos und es gibt bereits ein weites Bildungsnetzwerk, welches Spieler*innen aller Bildungseinrichtungen offensteht. Diese Welten können durch Modifizierungen vor unbefugtem Betreten oder Einwirken geschützt werden, wodurch die Bildungsarbeit ebenfalls geschützt ist. MineTest läuft auf fast allen Geräten und Betriebssystemen, außer iOS-Systemen, und von allen Geräten kann auf den Bildungsserver zugegriffen werden.

 

Aus der Theorie in die Praxis: Kinder- und Jugendgremien in MineTest

 

Was braucht es, um ein Land, eine Stadt oder ein Dorf zu „regieren“? Welche Instanzen verwalten das Leben auf großen und kleinen Ebenen? Muss Politik zwingend Top-Down funktionieren, oder gibt es Alternativen? Politik wird oft als „Erwachsenenangelegenheit“ deklariert, doch nimmt sie Einfluss auf mehr als nur die Erwachsenenwelt. Kinder und Jugendliche geraten hier oft in Vergessenheit.

 

Mithilfe eines modularen Aufbaus soll die Seminarreihe „MineTest your Gremium” über politische Beteiligung und Engagement sowohl Vertreter*innen verschiedener Kinder- und Jugendgremien als auch politisch interessierte junge Menschen ansprechen.

 

Modul 1 – Wie funktioniert‘s?

Mit dem Bildungsmodul wird den Kindern und Jugendlichen das kleine ABC der Politik und grundlegendes Wissen über Verwaltungsabläufe vermittelt. In verschiedenen Workshops klettern sie die imaginäre politische Leiter von der Kommunal- bis auf die Bundesebene hinauf, um einen Überblick über die politischen Prozesse zu gewinnen und zu verstehen, wie eine Regierung aufgebaut ist, welche Ministerien unter ihr vereint sind usw.

 

Modul 2 – Theoretische Konstrukte nahbar machen

Die gesammelten Erkenntnisse sollen schließlich auf kleinerer, digitaler Ebene umgesetzt werden. Hier findet MineTest als digitale Leinwand für Ideen und Vorstellungen Verwendung.

 

Vor der Umsetzung soll es einen Planungsrat geben, der den Teilnehmenden die Möglichkeit zur gemeinsamen Konzeption gibt, um ein zufriedenstellendes Produkt zu erreichen. Hier legen sie zudem fest was gebaut werden soll. In MineTest haben die Teilnehmenden dann die Möglichkeit ihre Vorstellungen von einem eigenen Parlament, kommunalen Treffpunkt oder Ähnlichem umzusetzen, der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt. So können die Kinder und Jugendlichen zum Beispiel ihre eigenen Büros entsprechend ihrer Position gestalten, neue Ministerien und Kommunen entwickeln und bauen.

 

Modul 3 – Aus digital mach Präsenz

Das dritte Modul führt nun die Inhalte der ersten zwei Module zusammen. Hier soll es insbesondere um die eigene Rolle in kommunalen Kinder- und Jugendbeteiligungsprozessen gehen. Um ein Verständnis für die Dimensionen zu schaffen, erarbeiten die Teilnehmenden die unterschiedlichen Rollen sowie verschiedene Beteiligungsmethoden in Gruppen, um sie anschließend einander vorzustellen. Basierend auf dieser Ausarbeitung überlegen die Teilnehmenden ganz konkret, welche Formen der Beteiligung (Jugendgremium, Zukunftskonferenz, projektorientierte Partizipation u.v.m.) für sie ansprechend sind und wie sie sie mit Leben füllen würden.

 

Ziel dieses Moduls ist die abschließende Erarbeitung von Tools und Handlungsstrategien für den Alltag sowie die Gremienarbeit der Teilnehmenden. Neben der Vermittlung von Kommunikationsstrategien wird das eigene Beteiligungsverständnis herausgearbeitet.

 

Dreamscape oder Wunschvorstellung?

 

In Zeiten der Corona-Pandemie gewinnen digitale Ausweichorte exponentiell an Bedeutung. In einer Zeit, in der wir uns nicht in Präsenz treffen können, bieten digitale Räume Abhilfe. Doch brauchen wir noch einen digitalen Treffpunkt nach fast zwei Jahren Pandemie? Können sich Vertreter*innen der Kinder- und Jugendgremien sowie politisch Interessierte für den gemeinsamen Raum in MineTest begeistern?

 

Das breite Angebot an kompetenzbildenden Modulen für Kinder- und Jugendgremien bietet bereits innovative Möglichkeiten, den pandemischen Bedingungen zu trotzen und Inhalte auf spannende Art und Weise zu erlernen. Da sich die Seminarreihe noch in der Planung befindet, wird sich erst mit den Durchführungen der Module zeigen, ob die Jugendlichen diesen Raum annehmen und für sich erobern.

 

Annika Hempel, Begegnungsstätte Stiftung Gollwitz

 

Mitglieder der Fachgruppe „Digitale Medien und Demokratie“

 

Annika Hempel

Stiftung Begegnungsstätte Schloss Gollwitz

E-Mail: hempel@stiftunggollwitz.de

 

Dr. Anna Krämer

basa e. V. Bildungsstätte Alte Schule Anspach

E-Mail: anna.kraemer@basa.de

 

Marc Rüdiger

Jugendbildungsstätte Kurt Löwenstein e. V.

E-Mail: m.ruediger@kurt-loewenstein.de

 

Annette Ullrich

Stiftung wannseeFORUM

E-Mail: ullrich@wannseeforum.de

 

Henning Wötzel-Herber

ABC Bildungs- und Tagungszentrum e. V.

E-Mail: hwh@abc-huell.de