“Demokratie
braucht
politische Bildung”

Flucht, Asyl und Grundrechte in Europa

Die Teilnehmenden des ersten Workshops im Projekt „Not in our countries?! Refugees, Asylum and Fundamental Rights Education in Youth Work“
Foto: Brücke/Most-Stiftung
11.04. 2016

Welche Strategien entwickelt politische Jugendbildungsarbeit in Europa?

 

In der ersten Veranstaltung des auf drei Workshops und verschiedene Onlinephasen angelegten deutsch-tschechischen Projekts „Not in our countries?! Refugees, Asylum and Fundamental Rights Education in Youth Work“, die vom 4. bis 7. April 2016 in der Brücke/Most-Stiftung in Dresden stattfand, beschäftigten sich die Teilnehmenden mit Fragen zu Asylverfahren in Tschechien und Deutschland sowie mit gesellschaftspolitischen Problemen in beiden Ländern.

 

Gemeinsam wurden die gesellschaftspolitischen Konfliktlinien herausgearbeitet, vor denen sich die derzeitige Debatte um Flucht, Asyl, Migration und Grundrechte in beiden Ländern abspielen und die die Weichenstellungen für die Bearbeitung der Themen in der Jugendbildungsarbeit mit bestimmen.

 

Folgende Fragen wurden in den Diskussionen aufgegriffen:

 

  • Sind die Gruppe der Asylgegner eine lärmende Minderheit und die „Gutmenschen“ die stille Mehrheit? Oder sind die sluníčkář (tschechisch: Sonnenmenschen) eine Gefahr für die Grundfesten des demokratischen Staates, der nun von den Rechten und Nazis geschützt werden muss.
  • Wer sind die verschiedenen zivilgesellschaftlichen und politischen Akteure, die sich im gesellschaftspolitischen Diskurs um Flucht und Asyl in Europa positionieren und was sind deren Standpunkte?
  • Was ist es, dass das Grundrecht auf Asyl zum Spielball gesellschaftspolitischer Visionen werden lässt, die alle gleichermaßen vorgeben, Europa zu beschützen?
  • Wenn wir mit unserer Bildungsarbeit in Europa Jugendliche zu mehr Mobilität befähigt wollen und gleichzeitig Grenzen vor mobilen Menschen dichtgemacht werden, um dieses Europa zu schützen, stecken wir dann nicht in einem schweren Dilemma?

 

Um den gesellschaftspolitischen Kontext der Debatten in beiden Ländern zu verstehen und Vergleichbarkeit zu ermöglichen, war es nötig ein tiefes Verständnis und Wissen herauszuarbeiten. Dies geschah mithilfe von Experteninnen und Experten vom Sächsischen Flüchtlingsrat und vom Tschechischen Konsortium sowie im Gespräch mit Akteurinnen und Akteuren der zivilgesellschaftlichen Bildungsarbeit vor Ort.

 

Die Teilnehmenden arbeiteten in Kleingruppen und spontanen Sessions zu weiteren Fragen, die sich im Laufe des Workshops ergaben:

 

  • Wie gehen wir mit Teilnehmenden um, die Vielfalt ablehnen oder auch offen rassistisch sind?
  • Welche Verantwortung erwächst daraus für die Bildner/-innen?
  • Auf welche Ressourcen und speziellen Angebote können Lernorte wie Bibliotheken, Bildungsstätten und Universitäten zurückgreifen und was erleichtert oder hindert sie am Zugang?
  • Gibt es konkrete Konzepte zur Arbeit mit Geflüchteten und wie sehen die ersten Erfahrungen aus?

 

Es wurde viel gearbeitet und viel diskutiert, dennoch fanden die Teilnehmenden die Energie, am Abend spontane Aktivitäten zu starten und Aktionen miteinander zu verbinden, z. B. Pegida zu beobachten oder ein Flüchtlingscafé in Dresden zu besuchen, sich im Kulturhaus Hellerau mit der Perspektive von Roma-Hiphop auf unsere Gesellschaften auseinanderzusetzen und sich über filmische Zugänge wie z. B. „Hotel California“ (2015) die Diskurse um Flucht und Teilhabe beispielhaft zu eröffnen.

 

Ein dichtes Programm, das – online ergänzt um Etherpads und Blogs – die notwendige Offenheit und Flexibilität bot, um neue Partnerschaften zu knüpfen und das Netzwerken zu ermöglichen.

 

Die 24 Teilnehmenden aus Deutschland und Tschechien waren am Ende k. o., aber restlos begeistert. Eine gute, fast familiäre Tagungsatmosphäre im Tagungshaus der Brücke/Most-Stiftung hat es an nichts fehlen lassen und es so ermöglicht, gegenseitiges Vertrauen wachsen zu lassen und die Teilnehmenden auf ihrem Weg zu unterstützen.

 

Die nächsten Workshops in diesem Projekt finden vom 30. Juni bis 3. Juli 2016 in Prag und vom 7. bis 11. September 2016 in Potsdam statt.

 

Das Projekt richtet sich an deutsche und tschechische Fachkräfte der politischen Jugendbildung. Partner in diesem Projekt sind multikulturni centrum praha, AdB, Brücke/Most-Stiftung Dresden. Gefördert wird das Projekt über Erasmus+ und Tandem.