“Demokratie
braucht
politische Bildung”

Globale Migration – Zuwanderung, Flucht und Asyl im Fokus politischer Bildung

26.11. 2014

Die derzeitigen weltweiten Wanderungsbewegungen von Menschen sind im Wesentlichen durch politische oder wirtschaftliche Ursachen begründet. Nicht immer lassen sich diese Ursachen klar voneinander abgrenzen, da sie sich oft überlagern. Menschen, die sich auf der Flucht vor politischer Verfolgung befinden, stehen unter dem völkerrechtlichen Schutz gemäß der Genfer Flüchtlingskonvention und besitzen damit einen anderen Status als Migrantinnen und Migranten, deren Aufnahme in ein Drittland eine nationale migrationspolitische Entscheidung ist.

 

Flucht und Migration stellen globale Herausforderungen dar, die vor allem international und durch überstaatliche Organisationen wie die Vereinten Nationen oder die Europäische Union gelöst werden können. Dies zeigt die Situation der Migrantinnen und Migranten aus Afrika, die sich auf dem Weg nach Europa lebensgefährlichen Situationen im Mittelmeer aussetzen genauso wie die Lage der aus Syrien vor dem Bürgerkrieg fliehenden Menschen. Die Menschen verlassen ihre Heimat nicht freiwillig, sondern aus Angst vor Gewalt oder wegen der Zerstörung ihrer Lebensgrundlagen. Die Überschneidungen von Migrationsursachen machen eine Trennung in Flüchtlinge, die wegen ihrer individuellen Verfolgung unter dem Schutz der Genfer Flüchtlingskonvention stehen, und Migrantinnen und Migranten, die aus wirtschaftlichen Gründen zuwandern, schwierig. Dies führt dazu, dass immer weniger Flüchtlinge in Deutschland oder einem anderen Land der EU eine Verfolgung aus politischen, weltanschaulichen oder religiösen Gründen nachweisen können.

 

Gleichzeitig erleben wir eine der größten Fluchtbewegungen seit dem 2. Weltkrieg. Weltweit sind nach Schätzungen 51 Mio. Menschen auf der Flucht. Flüchtlinge, die in der Hoffnung auf Sicherheit und ein besseres Leben unter Lebensgefahr versuchen, nach Europa zu gelangen, landen oft in unwürdigen Verhältnissen an den Außengrenzen der EU und in Auffanglagern. Es bedarf schnellstmöglich einer politischen Lösung, ein menschenwürdiges System zu schaffen, das Flüchtlingen den Zugang zu einem fairen und schnellen Asylverfahren garantiert und die Verteilung der ankommenden Flüchtlinge auf alle EU-Staaten regelt. Das gebietet auch die Solidarität der EU-Staaten untereinander, da Länder wie Italien und Griechenland die Verantwortung für ein europäisches Problem nicht allein tragen können.

 

Die Einwanderungspolitik in Europa muss grundsätzlich überdacht werden. Die Zukunft Europas hängt auch von einer sinnvoll gestalteten und fortschrittlichen Einwanderungspolitik ab. Es braucht einen gesellschaftlichen Konsens darüber, wie praktikable Antworten auf Fragen nach geregelter Migration aussehen können und wie diese die entwicklungspolitischen Zielsetzungen der Herkunftsländer und die wirtschaftlichen und sonstigen Interessen der Aufnahmeländer erfüllen können. Ziel sollte es sein, die konzeptlose und fragmentierte Migrationspolitik der EU-Mitgliedsstaaten zu reformieren, um die fehlenden legalen Zuwanderungsmöglichkeiten zu schaffen.

 

Flüchtlinge sowie Migrantinnen und Migranten stehen unter dem besonderen Schutz der Menschenrechte und haben Anspruch auf humanitäre Hilfe. Die Genfer Flüchtlingskonvention verpflichtet zur gleichen Behandlung von Flüchtlingen und anderen Ausländern im selben Land. Für Flüchtlinge muss das Recht auf Arbeit und auf Freizügigkeit als Menschenrecht besser geregelt und der Zugang zum Asylverfahren neu geordnet werden.

 

Die Ursachen von Flucht, die schwierige Situation und die prekäre Lage von Flüchtlingen erschließen sich nicht für alle Bürgerinnen und Bürger, da es im Alltag nur wenige Begegnungs- und Kontaktmöglichkeiten gibt. Daher muss es eine zentrale Aufgabe der politischen Bildung in einer Einwanderungsgesellschaft sein, Flucht und Migration in Bildungsangeboten zu thematisieren. Ein gesellschaftlicher Konsens zur Migrationspolitik kann nur über eine demokratische Auseinandersetzung der Bürgerinnen und Bürger und der Politik erfolgen.

 

Der AdB fordert seine Mitgliedsorganisationen und die Träger der politischen Bildung auf, in geeigneten Formaten die Urteilsfähigkeit der Bürgerinnen und Bürger über die Probleme von Flüchtlingen und Migrantinnen und Migranten zu verbessern sowie Menschenwürde und Menschenrechte stärker in den Blick zu nehmen, um die Bemühungen zur Entwicklung einer Gesellschaft der Vielfalt und der Solidarität zu intensivieren. Neben den Mitgliedern der Aufnahmegesellschaft als Zielgruppe von Seminaren und Projekten sollten auch Flüchtlinge, unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus, vermehrt als Teilnehmende für gemeinsame Veranstaltungen gewonnen und an deren Gestaltung beteiligt werden.

 

Die Träger und Akteure der politischen Bildung in Deutschland verfügen über Kompetenzen und Strukturen, um diese gesellschaftliche Herausforderung in Zukunft deutlicher in ihrer Arbeit zu akzentuieren. Die Kooperationen mit Flüchtlingsräten, Migrantenorganisationen sowie die Einbeziehung des Weltflüchtlingstages der Vereinten Nationen können wirkungsvolle Beiträge dazu leisten. Die Träger und Akteure der politischen Bildung im AdB werden ihren Einfluss öffentlich geltend machen, damit Regelungen, Verfahren und Strukturen für eine menschenrechtsgemäße Flüchtlings- und Migrationspolitik geschaffen werden.

 

Beschlossen von der Mitgliederversammlung des AdB am 26.11.2014 in Königswinter