“Demokratie
braucht
politische Bildung”

Wie demokratisch ist die digitale Bildungspraxis?

Gestaltung von diskriminierungssensiblen Online-Seminaren in der politischen Bildung
Foto: Gerd Altmann/pixabay
4.08. 2020

Bericht vom Workshop zur Gestaltung von diskriminierungssensiblen Online-Seminaren in der politischen Bildung

Aufgrund der COVID-19-Epidemie sind viele Bildungsorganisationen – ob gewollt oder ungewollt – in den letzten Wochen und Monaten auf digitale Formate ausgewichen. Das bringt neue Herausforderungen mit sich. Damit die Verlagerung von Angeboten der politischen Bildung ins Netz keine (neuen) Ausschlüsse produziert, sollte mit dem angebotenen Online-Workshop eine Auseinandersetzung mit dem bisher kaum thematisierten Aspekt zur Umsetzung von diskriminierungssensiblen Online-Seminaren stattfinden.

 

Die Nachfrage für den ersten Online-Workshop, der am 24. Juni 2020 stattfand, war mit über 90 Anmeldungen bei 18 Plätzen sehr hoch. Das zeigt, wie groß der Bedarf ist, sich mit dieser Thematik auseinanderzusetzen. Aufgrund des hohen Interesses und der vielen Nachfragen fand das Online-Seminar in einer ähnlichen Form nochmals Ende Juli statt.

 

Die Referentin des Workshops, Andrea-Vicky Amankwaa-Birago, betonte gleich zu Beginn, dass sich die Frage nach einer Verstärkung von Bildungsungerechtigkeit in Online-Formaten nicht sofort mit einem „Ja“ beantworten ließe, sondern eher mit einem „Jein“. Online-Formate bieten in Bezug auf Ausgrenzungsmechanismen Vor- und Nachteile.

 

Positiv an einer Online-Veranstaltung kann z. B. sein, dass sie wesentlich barriereärmer für Menschen mit einer körperlichen Beeinträchtigung gestaltet werden kann, dass man nicht unbedingt in einer größeren Stadt leben muss, um an den vielfältigen Angeboten politischer Bildung teilzunehmen, aber auch, dass relativ anonym an Veranstaltungen teilgenommen werden kann.

 

Ein großer Nachteil von Online-Formaten ist, dass sich Diskriminierungsformen wie z. B. Klassismus verstärken können. Menschen mit wenig Einkommen können sich z. B. einen eigenen Internetanschluss nicht leisten oder haben keine oder nur wenige Geräte, um auf das Internet überhaupt zugreifen zu können. Auch stellt sich die Frage, wo und wie sich Menschen digitale Kenntnisse aneignen können, wenn kaum finanzielle Ressourcen und entsprechendes kulturelles Kapital vorhanden sind.

 

Die Referentin hob jedoch besonders hervor, dass viele Ausgrenzungsmechanismen ähnlich wie bei Offline-Veranstaltungen funktionieren. Sie empfahl den Teilnehmenden eine Checkliste für ein inklusiveres (Online-)Veranstaltungsmanagement für die eigene Institution anzulegen. Bildungsangebote, die möglichst viele unterschiedliche Menschen erreichen, können nur realisiert werden, wenn sich politische Bildner*innen und Organisationen schon länger und intensiv mit dem Thema Diskriminierungskritik auseinandersetzen. Ob dies der Fall ist, lässt sich natürlich am besten daran verdeutlichen, ob die Institution, das Team und die Teilnehmenden gesellschaftliche Vielfalt spiegeln – ob nun on- oder offline.

 

Die Online-Seminare wurden im Rahmen des AdB-Projekts „Polyphon! Diversität in der politischen Bildung stärken“ durchgeführt und von der Bundeszentrale für politische Bildung gefördert.

Narmada Saraswati ist Projektleiterin und Ansprechpartnerin für das Projekt.