“Demokratie
braucht
politische Bildung”

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Koalitionsvertrag beschlossen

8.02. 2018

Bedeutung für die politische Bildung

Der Koalitionsvertrag steht und verspricht in seiner Überschrift einen „neuen Aufbruch für Europa, eine neue Dynamik für Deutschland, einen neuen Zusammenhalt für unser Land“. In herausfordernden Zeiten wie diesen kommt der Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts in der Tat eine besondere Bedeutung zu, um Risse und Brüche zu vermeiden oder zu kitten. Nur – ohne Unterstützung wird das nicht gelingen. Um den Zusammenhalt zu stärken braucht es Gelegenheiten und Räume für das Aushandeln des Miteinanders, für die Verständigung über eigene Interessen und gemeinschaftliche Anliegen, braucht es Kompetenzen und Motivation für gesellschaftliche und politische Teilhabe und die positive Erfahrung von Selbstwirksamkeit durch Mitwirkung und Partizipation. Diese Gelegenheiten und Räume werden von der politischen Bildung geschaffen, und es ist so erfreulich wie folgerichtig, dass die politische Bildung im Koalitionsvertrag an vielen Stellen – in unterschiedlichen Politik- und Themenbereichen – auftaucht und genannt wird, so etwa in den Bereichen Kinder- und Jugendpolitik, Bildung, Integration, Prävention, Demokratieförderung, Kultur.

 

Insbesondere werden folgende Vorhaben im Koalitionsvertrag genannt, die für die politische Bildung von Bedeutung sind:

 

  • Jugendliche sollen für die Politik begeistert werden, um ihre Akzeptanz für die Demokratie sowie ihr gesellschaftliches und politisches Engagement zu stärken. Hierfür werden auch mehr Mittel in Aussicht gestellt. (Zeile 917 ff.)
  • Die internationale und europäische Jugendarbeit soll unterstützt und weiterentwickelt werden und ebenfalls adäquat ausgestattet werden. (Zeile 928 f.)
  • Die demokratische Zivilgesellschaft soll weiter gestärkt werden, um einen wirksamen Schutz gegen Extremismus zu schaffen. Dazu gehört die Absicherung der Programme zur Demokratieförderung gegen Rechtsextremismus, Linksextremismus, Antisemitismus, Islamismus und Salafismus und, explizit genannt, „die Stärkung politischer und kultureller Bildung“. (Zeile 5599 ff.)
  • Das Nationale Programm gegen islamistischen Extremismus soll über das Jahr 2018 hinaus fortgeführt werden. (Zeile 5620 f.)
  • In der Bundeswehr soll der Prozess der „Inneren Führung“ gestärkt werden. „Die politische Bildung ist dabei von entscheidender Bedeutung.“ (Zeile 7479 ff.)
  • Dem Gedenken und Erinnern wird zentrale Bedeutung beigemessen. Dabei wird auf dezentrales, zivilgesellschaftliches Engagement gesetzt. Die existierenden Gedenkstätten sollen bei der Weiterentwicklung ihrer pädagogischen, digitalen und audio-visuellen Vermittlungskonzepte unterstützt werden. (Ziele 7995 ff.)
  • Es soll eine Förderinitiative „Jugend erinnert“ ins Leben gerufen werden, um Austausch und Begegnungen sowie Gedenkstättenfahrten mit Workshops für Schulklassen zu fördern, um dem wachsenden Antisemitismus und Antiziganismus entgegenzuwirken.
  • In der Erwachsenenbildung sollen Programme und digitale Angebote für Menschen jeden Alters gefördert werden, die dem Erwerb von Digitalkompetenzen dienen. (Ziele 1754 ff.)

 

Erfreulich ist, dass in den Ausführungen des Koalitionsvertrages das „für“ der politischen Bildung eine größere Rolle spielt als das „gegen“: politische Bildung für die Stärkung des zivilgesellschaftlichen und politischen Engagements, für die Stärkung der Demokratie, für den Ausbau der Erinnerungskultur. Eine solche Perspektive entspricht den Anliegen der Träger und Einrichtungen und unterstützt deren Bildungsarbeit.
Eine deutliche Leerstelle enthält das Kapitel „Offensive für Bildung, Forschung und Digitalisierung“. (Zeile 1120 ff.) Auch wenn im Unterkapitel 2 die Weiterbildung als ein Bestandteil dieses Politikfeldes genannt ist, geht es im Text ausschließlich um die berufliche Weiterbildung sowie um den Schwerpunkt digitale Weiterbildung. Dass politische Bildung elementarer Teil von Weiterbildung ist und Angebote der Demokratiebildung gerade auch eine erwachsene Zielgruppe erreichen will und muss, kommt leider nicht vor. Zudem gibt es noch einiges zu tun, der zukünftigen Regierung (so sie denn kommt) deutlich zu machen, dass es neben Volkshochschulen Einrichtungen wie Bildungsstätten gibt, die Orte außerschulischer und außeruniversitärer Bildung sind.

 

Im Bereich Kinder- und Jugendpolitik ist positiv hervorzuheben, dass die Kinderrechte im Grundgesetz verankert werden sollen (Zeile 802 ff.) und insgesamt die Teilhabe junger Menschen auf allen Ebenen gestärkt werden soll. (Ziele 913 f.) Dies deckt sich mit den Anliegen der Träger politischer Jugendbildung.

 

Der Vorsitzende des AdB, Ulrich Ballhausen, konstatiert: „Nachdem es frühere Koalitionäre geschafft haben, den Begriff 'politische Bildung' nicht ein einziges Mal im Koalitionsvertrag auftauchen zu lassen, ist es jetzt ausgesprochen erfreulich, dass die zentrale Bedeutung politischer Bildung für viele Bereiche wie Kinder- und Jugendpolitik, Bildung, Integration, Prävention, Demokratieförderung oder Kultur erkannt worden ist, auch wenn es noch immer deutliche Lücken gibt wie z. B. in der Weiterbildung. Sollte der Vertrag Grundlage des neuen Regierungshandelns werden, wird der AdB die Umsetzung der genannten Vorhaben in den nächsten vier Jahren sowohl anmahnen als auch unterstützen sowie auf die Füllung der Leerstellen drängen. Dazu gehört auch eine kritische Reflexion in Bezug auf das Verhältnis von Projektförderung und Regel- und Strukturförderung.“